Photonenpaare tanzen Twist
Neuer Ansatz ermöglicht einen topologischen Schutz von optischen Schaltkreisen.
Die Arbeitsgruppe um Alexander Szameit vom Institut für Physik an der Universität Rostock erforscht die Lichtausbreitung in optischen Schaltkreisen, die aus mikroskopisch kleinen Wellenleitern bestehen. Wellenleiter spielen eine zentrale Rolle in vielen modernen Technologien, indem sie eine effiziente und verlustarme Übertragung von Signalen ermöglichen. Bei der Leitung von Wellen wie Licht, aber auch Funk- oder Mikrowellen durch Wellenleiter spielt die Topologie – ursprünglich ein rein mathematisches Konzept – eine entscheidende Rolle. Diese beschäftigt sich mit den Eigenschaften von Objekten, die auch unter kontinuierlichen Verformungen wie Dehnen oder Stauchen, erhalten bleiben. „Wenn sich also das Licht in der Struktur des Wellenleiters ausbreitet, können es störende Einflüsse wie Defekte oder Unordnung nicht aus der Bahn werfen“, erklärt Szameit.
Ein bis vor kurzem von der Topologie unabhängiges Phänomen beobachteten im Jahr 1987 die Physiker Hong, Ou und Mandel, als sie das Verhalten von Photonen in optischen Bauteilen untersuchten. Sie stellten fest, dass nicht nur die Lichtteilchen selbst, sondern auch die von ihnen durchlaufenen Bewegungsbahnen miteinander wechselwirken können. Diese grundlegende Eigenschaft von Photonen ist die Basis für unzählige moderne technologische Anwendungen. Nun ist es den Forschern aus Rostock und Freiburg gelungen, die Wechselwirkung der Photonen und ihrer Bahnen mit einer topologisch robusten Lichtausbreitung zu verknüpfen.
„Ein echter Meilenstein!“, freut sich Szameit, der mit seinem Team lange nach dieser Verbindung gesucht hat. Max Ehrhardt, Doktorand in Szameits Team, sagt: „Der topologische Schutz von optischen Schaltkreisen ist ein wichtiges Werkzeug, um immer komplexere Technologien zu entwickeln, die trotz produktionsbedingter Abweichungen zuverlässig und stabil funktionieren.“ Neben der technologischen Relevanz ihrer Ergebnisse freuen sich die Physiker vor allem über neue grundlegende Einsichten in die Natur des Lichts: „Photonen, die sich gewissermaßen gegenseitig sehen, nehmen die Struktur des Schaltkreises aus ihrer Perspektive wie verdreht wahr. Das führt dazu, dass sie zusammenbleiben – als würden sie zusammen durch die gedrehte Struktur tanzen.
Photonen, die den Schaltkreis getrennt durchlaufen, sehen hingegen nur eine flache Ebene. Hier haben wir also einen topologischen Unterschied“, erklärt Ehrhardt den Effekt bildhaft. „Wir waren erstaunt, wie stark wir unser optisches System stören konnten, ohne dass die sonst so empfindliche Wechselwirkung der Photonen davon beeinträchtigt wurde“, sagt Matthias Heinrich, leitender Wissenschaftler in Szameits Team. Szameit skizziert derweil weitere Perspektiven: „Wir haben in unseren optischen Schaltkreisen einen reichen Fundus an Möglichkeiten gefunden, um solche topologischen Systeme für Licht zu bauen. Die Symbiose mit Quantenlicht ist hier erst der Anfang.
U. Rostock / JOL