Photonentripel mit Energie-Zeit-Verschränkung
Erstmalige Verschränkung kontinuierlicher Beobachtungsgrößen dreier Teilchen.
Quantenmechanisch verschränkte Teilchen zeigen ein viel enger abgestimmtes Verhalten, als es nach den Gesetzen der klassischen Physik möglich ist. Das kann man zum Beispiel für die Quanteninformationsverarbeitung oder die Quantenteleportation nutzen. Jetzt haben Forscher in Kanada Tripel von Photonen erzeugt, die eine Energie-Zeit-Verschränkung besaßen, wie die Analyse der Photonen zeigte.
Abb.: Ein Photon des Pumplasers wird in den beiden periodisch gepolten, optisch nichtlinearen Kristallen (PPKPT und PPLN) schrittweise in drei verschränkte Photonen umgewandelt. (Bild: Shalm et al., NPG)
Bei der quantenmechanischen Verschränkung von Teilchen können diskrete oder kontinuierliche Beobachtungsgrößen der Partikel miteinander korreliert sein. So hatte man schon bis zu 14 atomare Quantenbits „diskret“ verschränkt. Im Fall von kontinuierlichen Variablen wurden Photonenpaare erzeugt, deren Energien und Emissionszeitpunkte miteinander verschränkt waren. Darüber hinaus hatte man für drei Vielphotonenzustände eine kontinuierliche Energie-Zeit-Verschränkung erzielt, was jedoch für drei einzelne Teilchen bisher noch ausstand. Jetzt ist dies Forschern um Thomas Jennewein von der University of Waterloo in Kanada gelungen.
Sie haben Tripel von verschränkten Photonen durch gestaffelte parametrische Fluoreszenz erzeugt. Dazu wurden von einem Pumplaser blaue Photonen mit einer Wellenlänge von 404 nm in einen Kristall aus Kaliumtitanylphosphat gestrahlt, der räumlich periodisch elektrisch gepolt war. Im Kristall konnten aus einem blauen Photon durch einen nichtlinearen optischen Prozess zwei infrarote Photonen mit 776 nm und 842 nm Wellenlänge entstehen.
Aus der Strahlung, die den Kristall verließ, wurden die Pumpphotonen herausgefiltert. Die verbleibenden IR-Photonen, die paarweise senkrecht zueinander polarisiert waren, wurden mit einem Polarisationsstrahlteiler und mit schmalbandigen Filtern voneinander getrennt. Während die 842-nm-Photonen auf direktem Wege zu einem Photonendetektor gelangten, durchquerten die 776-nm-Photonen einen periodisch gepolten Lithiumniobatkristall. Sie konnten sich dabei jeweils in ein Paar von Photonen mit 1530 nm und 1570 nm Wellenlänge umwandeln, die mit einem dichroitischen Spiegel voneinander getrennt und schließlich mit Photodetektoren nachgewiesen wurden.
Den Berechnungen zufolge sollten die drei Photonen eines Tripels aufgrund ihrer gemeinsamen Entstehung miteinander verschränkt sein. Die Energieerhaltung erzwingt, dass die Summe der drei Photonenfrequenzen gleich der Frequenz des Pumpphotons ist. Außerdem sind die Entstehungsorte der Photonen in den Kristallen und damit auch ihre Ankunftszeiten bei den Detektoren miteinander korreliert. Misst man die Ankunftszeit und die Frequenz f eines jeden Photons, so kann man seinen Entstehungsort x und seinen Impuls p=hf /c ermitteln. Die Orte und Impulse der drei Photonen sind die kontinuierlichen Variablen, an denen die Forscher die Verschränkung nachgewiesen haben.
Aufgrund von Heisenbergs Unschärfebeziehung erfüllen die Orts- und die Impulsunschärfe eines Photons die (skalierte) Ungleichungen ΔxΔp ≥ 1/2. Für drei voneinander unabhängige Photonen gilt zudem die Ungleichung (Δ(x1–x2)+Δ(x1–x3))Δ(p1+p2+p3) ≥ 1 sowie drei weitere, ähnliche Ungleichungen. Ist auch nur eine dieser vier Ungleichungen verletzt, so folgt daraus, dass alle drei Photonen zugleich miteinander verschränkt sind, wie die Berechnungen der Forscher zeigten.
Die Form der zu überprüfenden Ungleichungen haben Jennewein und seine Kollegen mit Bedacht gewählt. Zwar kann man sehr genau messen, wann die Photonen bei den Detektoren ankommen, und aus der Zählstatistik die benötigten x-Unschärfen mit ausreichender Genauigkeit bestimmen. Die Frequenzmessung und damit die Bestimmung der Impulsunschärfen für die drei Photonensorten sind jedoch wesentlich ungenauer. In die Ungleichungen geht aber nur die Unschärfe des Gesamtimpulses der drei Photonen ein, die wegen der Energieerhaltung übereinstimmt mit der Impulsunschärfe des Pumpphotons. Mit einem Fabry-Perot-Interferometer maßen die Forscher wiederholt die Frequenzbandbreite des schmalbandigen Pumplasers und ermittelten daraus die Unschärfe des Photonenimpulses.
Abb.: Die von den Photodetektoren gemessenen Ankunftszeiten der drei Photonen zeigen starke Korrelationen. (Bild: Shalm et al. / NPG)
Nach knapp 73 Stunden Experimentierzeit, in denen von geschätzt 200.000 erzeugten Photonentripeln gut 500 nachgewiesen und analysiert werden konnten, stellte die Forscher eine klare Verletzung aller vier Ungleichungen fest: Die Werte der vier Unschärfeprodukte lagen bei 2 bis 3 %, mit einer statistischen Unsicherheit von 1 %, und damit deutlich unter dem berechneten Wert 1. Daraus schließen die Forscher, dass es sich bei diesen Tripeln um drei gleichzeitig verschränkte Photonen handelte. Mit besseren nichtlinearen Materialien und effizienteren Detektoren hoffen die Forscher, wesentlich mehr Photonentripel erzeugen und nachweisen zu können.
Mit ihren Wellenlängen von 1530 nm und 1570 nm lassen sich zwei der drei verschränkten Photonen eines Tripels durch Glasfasern über große Entfernungen übertragen. Das dritte, kurzwelligere Photon könnte man dazu benutzten, ein Rubidiumatom anzuregen und damit ein Qubit abzuspeichern. Auf diese Weise ergeben sich neue Möglichkeiten für die Speicherung und Übertragung von Quanteninformationen.
Rainer Scharf
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