Photonik-Studium mit Virtual Reality
Universität Jena plant ersten komplett online studierbaren Photonik-Studiengang.
Vom Ausland aus im Jenaer Labor experimentieren – dies soll mit Hilfe von Augmented und Virtual Reality bald im internationalen Masterstudiengang Photonics an der Universität Jena möglich sein. Die Weiterentwicklung des Studiengangs wird nun für zwei Jahre vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) mit 400.000 Euro für das Projekt „digiPHOTON“ unterstützt. „Wir reagieren damit auf den, besonders bei internationalen Studierenden, zunehmend größeren Bedarf nach digital und flexibel verfügbaren Lehrinhalten“, sagt Projektleiter Thomas Pertsch. „Dieser Bedarf ist riesig und das Potenzial groß, das hat uns nicht zuletzt das vergangene Semester unter Pandemie-Bedingungen gezeigt." Ziel ist es, den Photonik-Studiengang zum ersten komplett online studierbaren Studiengang der Universität Jena auszubauen und dieses Angebot international sichtbar zu machen.
Die Corona-Pandemie hat alle Hochschulen in Deutschland dazu veranlasst, sich intensiv mit digitaler Lehre zu beschäftigen. Während die Umstellung bei Vorlesungen und Seminaren vergleichsweise einfach machbar ist, stellt die Digitalisierung der Übermittlung forschungspraktischer Fertigkeiten im Labor eine Herausforderung dar, betont Christian Helgert, Geschäftsführer der Abbe School of Photonics in Jena. Als stark forschungsorientierter Studiengang wird bei Photonics viel Wert auf die Erlangung praktischer Fähigkeiten im Labor gelegt. Mit Hilfe von digitalen Techniken wie Augmented Reality und Virtual Reality sollen Studierende, die nicht in Jena vor Ort sind, Experimente und Untersuchungen im Labor durchführen können.
„Langfristig könnte es ein Ziel sein, Forschungsinfrastrukturen und Technologien per Fernsteuerung zu bedienen und in virtuellen Umgebungen Zugang zu sonst stark eingeschränkten Laboren und Einrichtungen zu erhalten“, erläutert Helgert das Vorhaben. „Auch die Prüfungen müssen digitalisiert werden und dabei dennoch faire und vergleichbare Bedingungen zwischen allen Studierenden ermöglichen.“ Prinzipiell sieht Helgert eine gute Ausgangssituation für die Digitalisierung an der Universität Jena. „Die bisher genutzte E-Learning-Infrastruktur bietet eine gute Basis, um beispielsweise auch analysierende Elemente ins System einzubauen, mit denen die Studierenden während des Studiums in Eigenverantwortung ihren Lernfortschritt objektiv und fair messen können, um sich so bestmöglich auf eine digitale Prüfung vorzubereiten.“
Wichtig beim gesamten Projekt ist es, den strategischen Ausbau der Digitalisierung durchzuführen und dabei sowohl die Qualität als auch die Reichweite der Jenaer Lehre weiter steigern zu können. „Ein entscheidendes Ziel unseres Projektes ist es, eine Symbiose innerhalb des Studiengangs herzustellen, so dass ein Studierender je nach individueller Lebenssituation flexibel zwischen Präsenz- und Onlinelehre wechseln kann“, so Projektleiter Pertsch. Diesen Wechsel müssen auch die Lehrenden und Mitarbeitenden bedenken. Helgert zeigt sich in dieser Hinsicht optimistisch: „Viele Kolleginnen und Kollegen sind digital sehr affin und haben bereits im vergangenen Semester mit großem Engagement eigene und zum Teil sehr unterschiedliche Lösungsansätze ausprobiert. Dies kommt uns in unserem Vorhaben zugute.“ Darauf will man sich aber nicht ausruhen, sondern für das Projekt beispielsweise einen Digital-Learning-Designer engagieren, der die passende Gestaltung der Methoden und Instrumente für die digitale Lehre professionalisiert und implementiert.
Mit dem Vorhaben des Studiengangs soll der Zugang zur Lehre in Jena krisensicher und flexibel aufgestellt werden. Potenzielle Studiumshindernisse wie Reisebeschränkungen, aber auch physische Zugangsbeschränkungen oder die Schwierigkeit der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Studium könnten auf diese Weise stückweise abgebaut werden. Gleichzeitig kann durch das digitale Angebot auch die Wahrnehmung der Universität als moderne innovative Forschungs- und Wissenschaftseinrichtung international gestärkt werden, sind sich die Physiker sicher. Außerdem werde die Digitalisierung langfristig mehr Studierende auf das Angebot aufmerksam machen, so dass der Studiengang wachsen kann.
Um das geplante Projekt umzusetzen, kooperiert Projektleiter Pertsch universitätsintern mit den Masterstudiengängen Interkulturelle Wirtschaftskommunikation, Physik und Medical Photonics. Mit Blick auf den Graduiertenbereich soll noch stärker als bisher mit der Max Planck School of Photonics, die in Jena koordiniert wird, zusammengearbeitet werden. Im dort kürzlich vorgestellten und eröffneten „Digital Teaching Lab“ wurden bereits erste innovative Formate digitaler Lern- und Lehrmöglichkeiten für die Photonik entwickelt.
U. Jena / JOL