23.06.2016

Photovoltaik nach dem Vorbild der Rose

Blütenblatt-Struktur steigert Effi­zienz von Solar­zellen.

Mit einer Oberfläche wie bei Pflanzen können Solar­zellen mehr Licht auf­nehmen und damit mehr Strom erzeugen. Forscher des Karls­ruher Instituts für Techno­logie KIT repro­du­zierten die epider­malen Zellen von Rosen­blüten­blättern, die eine besonders starke Anti­reflex­wirkung besitzen, und inte­grierten die trans­pa­rente Nach­bildung in eine organische Solar­zelle. Das führte zu einer relativen Erhöhung der Effi­zienz von zwölf Prozent.

Abb.: Die Epidermis eines Rosen­blüten­blatts wird in einer trans­parenten Schicht nach­ge­bildet. Diese wird in die Vorder­seite einer Solar­zelle inte­griert. (Bild: G. Gomard, KIT)

Bei der Photovoltaik ist es wichtig, das Licht­spektrum der Sonne möglichst breit zu nutzen und das Licht aus verschie­denen Einfalls­winkeln auf­zu­nehmen, da sich der Winkel mit dem Sonnen­stand ändert. Pflanzen haben das in ihrer langen Evo­lution erreicht – Grund genug für Photo­voltaik­forscher, sich bei der Entwicklung von Solar­zellen mit breitem Absorptions­spektrum und hoher Einfalls­winkel­toleranz an der Natur zu orien­tieren.

Zunächst untersuchten die KIT-Forscher die epidermalen Zellen verschie­dener Pflanzen­arten auf ihre optischen Eigen­schaften und vor allem ihre Anti­reflex­wirkung. Diese erwies sich als besonders stark bei Rosen­blüten­blättern, bei denen sie für stärkere Farb­kontraste sorgt und damit die Chance auf Bestäubung erhöht. Wie die Wissen­schaftler unter dem Elek­tronen­mikro­skop fest­stellten, besteht die Epi­dermis der Rosen­blüten­blätter aus einem unge­ordneten Feld dicht gedrängter Mikro­strukturen, zusätzlich gerippt durch zu­fällig platzierte Nano­strukturen.

Um die Struktur dieser epidermalen Zellen über eine größere Fläche exakt zu repro­duzieren, über­trugen die Forscher sie in eine Form aus Poly­di­methyl­­siloxan, einem Polymer auf Siliziumbasis, drückten die so entstandene negative Struktur in einen optischen Kleber ein und ließen diesen unter UV-Bestrahlung aus­härten. „Diese Methode ist einfach und kosten­günstig und erzeugt Mikro­strukturen von einer Tiefe und Dichte, wie sie sich mit künst­lichen Techniken kaum erreichen lassen“, sagt Guillaume Gomard, Leiter der Gruppe Nano­photonik am KIT.

Die Wissenschaftler integrierten die transparente Nach­bildung der Rosen­blüten­blätter-Epi­dermis in eine orga­nische Solar­zelle. Dadurch erhöhte sich die Energie­um­wandlungs­effi­zienz bei senk­rechtem Licht­ein­fall um zwölf Prozent. Bei sehr flachen Ein­falls­winkeln fiel die Effi­zienz­steigerung noch höher aus. Die Forscher führen die Steigerung vor allem auf die hervor­ragende richtungs­unab­hängige Anti­reflex­wirkung der nachge­bildeten Epi­dermis zurück. Diese kann die Ober­flächen­reflexion unter fünf Prozent halten, auch wenn der Licht­ein­falls­winkel fast achtzig Grad beträgt. Darüber hinaus fungiert jede einzelne der nachge­bildeten epi­dermalen Zellen als Mikro­linse, wie Unter­suchungen mit einem Kon­fokal-Laser­mikro­skop zeigten. Der Mikro­linsen­effekt verlängert den optischen Pfad inner­halb der Solar­zelle, steigert die Licht-Materie-Inter­aktion und erhöht die Wahr­schein­lich­keit, dass die Licht­teilchen absorbiert werden.

„Unsere Methode lässt sich sowohl auf weitere Pflanzen­arten als auch auf andere Photo­voltaik­techno­logien anwenden“, erklärt Gomard. „Da die Ober­flächen von Pflanzen multi­funktional sind, könnte es künftig möglich sein, von ihnen mehrere Eigen­schaften in einem Schritt zu über­nehmen.“ Die Arbeit der Forscher wirft darüber hinaus eine grund­legende Frage auf: Welche Rolle spielt Unord­nung in komplexen photo­nischen Strukturen? Zu dieser Frage laufen weitere Unter­suchungen, von deren Ergeb­nissen die nächste Gene­ration von Solar­zellen profi­tieren könnte.

KIT / RK

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