11.04.2013

Physik für Billionen

Wie viel Physik steckt in Europas Wirtschaft?

Eine großangelegte Studie untersucht erstmals detailliert die Bedeutung der Physik für die europäische Wirtschaft. Die Europäische Physikalische Gesellschaft (EPS) beauftragte dafür das in London ansässige Centre for Economics and Business Research damit, Umsatz, Wertschöpfung und Beschäftigung in der „physikbasierten Industrie“ in den 27 Ländern der Europäischen Union sowie Norwegen und der Schweiz zu analysieren. Grundlage dafür sind die öffentlich zugänglichen Daten des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) für die Jahre 2007 bis 2010.

Unter „physikbasierter Industrie“ sind die Bereiche der europäischen Wirtschaft zu verstehen, bei denen die Beschäftigten eine ausgeprägte physikalische Ausbildung benötigen und wo der wirtschaftliche Erfolg in besonderem Maße von den Ergebnissen der Physik abhängt. Aus den 700 Branchen im europäischen Klassifikationsschema für Wirtschaftszweige wurden für die Studie 77 ausgewählt, darunter insbesondere Energiegewinnung, IT und Kommunikation, Autoindustrie, optische Industrie und Weltraumtechnik.

2010 waren laut der EPS-Studie über 15 Millionen Menschen in den physikbasierten Branchen beschäftigt, was rund 13 Prozent der Gesamtbeschäftigten in Europa entspricht. Der 4-Jahres-Schnappschuss der Europäischen Wirtschaft zeigt, dass die physikbasierte Industrie mit rund 3,8 Billionen Euro 14 Prozent des europäischen Gesamtumsatzes erzeugt und damit die Summe von Baugewerbe und Einzelhandel übertrifft. Betrachtet man den Umsatz in Euro pro Mitarbeiter, liegt die Wirtschaftsleistung mit 243.000 Euro auch über derjenigen der verarbeitenden Industrie.

Umsatz pro Mitarbeiter für verschiedene Wirtschaftssektoren in Europa, gemittelt über die Jahre 2007 bis 2010. (Grafik: EPS/Cebr)

Deutschland hat mit 25,3 Prozent den größten Anteil am Umsatz in physikbasierten Branchen in den untersuchten vier Jahren, gefolgt von Frankreich (12,4 %), Großbritannien (11,9 %) und Italien (9,86 %). Bezogen auf die Bruttowertschöpfung (Gesamtwert der produzierten Waren und Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen) pro Beschäftigten ergibt sich ein deutlich anderes Bild: Deutschland liegt mit rund 90.000 Euro europaweit nur noch auf Platz 12, direkt gefolgt von Frankreich. Die drei ersten Plätze nehmen Norwegen, Irland und die Schweiz ein, wobei das skandinavische Land dank seiner produktiven Öl- und Gas-Industrie mit 400.000 Euro einen unangefochtenen Spitzenwert vorweisen kann.

Der ausführliche Bericht schlüsselt die oben genannten Angaben weiter auf und bietet natürlich noch viele weitere Informationen, etwa in Bezug auf die Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise auf die unterschiedlichen Wirtschaftssektoren. Hier zeigt sich, dass sich seit dem Tiefpunkt der Krise 2009 nur noch der Einzelhandel rascher erholt als die physikbasierten Wirtschaftszweige.

Alexander Pawlak
 

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