Plättchen und Zebrastreifen
Interessante Einblicke in elektronische Phasenübergänge.
Mit neuartigen optischen Techniken erzielte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Martin Dressel von der Uni Stuttgart interessante Einblicke in elektronische Phasenübergängen. Ausgangspunkt der Untersuchungen war der Phasenübergang vom isolierenden Vanadiumdioxid zu einem Metall bei etwa siebzig Grad Celsius. Sieht man sich die optische Polarisation des Lichts bei diesem Übergang genau an, so erkennt man, dass sich zuerst kleine metallische Tröpfchen unter einem Mikrometer in der isolierenden Phase bilden, die mit zunehmender Temperatur wachsen. Kühlt man dann wieder ab, so nehmen sie die platte Form eines Diskus an. Das reflektierte Licht hat eine völlig andere Polarisation, je nachdem ob man abkühlt oder aufwärmt. Aus diesem Unterschied kann auf die Form und Dichte der metallischen Tröpfchen direkt am Phasenübergang geschlossen werden. Eine vollständige theoretische Beschreibung liegt zwar noch nicht vor, aber man sieht schon, dass die Dicke des Films einen großen Einfluss auf die Form der Tröpfchen hat.
Da die Strukturen am Phasenübergang von Metallen zu Isolatoren meist kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, kann man sie nicht mit einem normalen Mikroskop beobachten. Daher nutzte das Team ein Nahfeld-Mikroskop. Bei diesem macht man sich zunutze, dass eine atomar dünne Spitze ganz knapp über dem Material Licht streut und tiefe Blicke in die lokalen elektronischen Eigenschaften gibt. So konnten die Wissenschaftler auch an einem molekularen Kristall den Metall-Isolator-Phasenübergang untersuchen, der dort bei minus 138 Grad Celsius auftritt.
Sie sahen ein gestreiftes Muster von abwechselnd metallischen und isolierenden Regionen, die nicht breiter als ein Mikrometer sind. Diese bilden sich aufgrund der anomalen thermischen Ausdehnung und Verspannungen entlang einer Kristallachse aus und erinnern an einen Zebrastreifen. Das zufällige Entstehen und die allmähliche Ausbildung mit Änderung der Temperatur können gut mathematisch simuliert werden. „Es scheint als hätten wir einen ganz neuen Aspekt elektronischer Materialien entdeckt, die aufgrund ihrer Wechselwirkung faszinierende Strukturen bilden“, so Dressel.
U. Stuttgart / RK