27.03.2014

Planeten und Asteroidenringe im äußeren Sonnensystem

Astronomen entdecken Ringe um einen Asteroiden – und einen neuen Himmelskörper jenseits des Kuipergürtels.

Warum in die Ferne schweifen: Gleich zwei Forscherteams zeigen diese Woche, dass auch in unserem Sonnensystem noch überraschende Entdeckungen möglich sind. So ist der 250 Kilometer große Asteroid Chariklo einer Sternbedeckung zufolge von zwei dünnen Ringen aus Gesteinsbrocken und Eispartikeln umgeben. Es ist das erste bekannte Ringsystem bei einem Asteroiden – bislang kannten Astronomen Ringe nur von den Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Und eine systematische Suche hat nach Sedna einen weiteres Himmelskörper jenseits des Kuipergürtels ausfindig gemacht: Offenbar gibt es in der inneren Oortschen Wolke hunderte noch unentdeckte planetengroße Objekte.

Abb.: Chariklo ist ein Asteroid mit zwei Ringen (künstlerische Darstellung; Bild: L. Maquet)

Chariklo ist mit einem Durchmesser von 250 Kilometern der größte Asteroid der so genannten Zentauren, einer Gruppe von Himmelskörpern, die ihre Bahn zwischen den Planeten Saturn und Uranus ziehen. Filipe Braga-Ribas vom brasilianischen Observatório Nacional koordiniert eine internationale Kampagne zur Erforschung von Zentauren und transneptunischen Objekten mittels Sternbedeckungen. Die Bedeckung vom 3. Juni 2013 konnte von sieben Standorten aus, darunter auch die Europäische Südsternwarte auf La Silla in Chile, beobachtet werden.

Zu ihrer Überraschung sahen die Astronomen nicht nur die erwartete, kurzzeitige Abschattung des Sterns, sondern wenige Sekunden davor und danach zwei weitere, kleinere Abschwächungen des Sternenlichts. Die Messungen erlaubten den Forschern eine gute Rekonstruktion der Ursache dieses unerwarteten Phänomens: Zwei sieben und drei Kilometer breite, wenige hundert Meter dicke Ringe umspannen den Asteroiden. Diese Entdeckung liefert zugleich eine Erklärung für eine bislang rätselhafte Abnahme der Helligkeit von Chariklo zwischen 1997 und 2008: Damals haben wir von der Erde aus gerade auf die Kante des Ringsystems geblickt.

Entstanden sind die Ringe, so vermuten Braga-Ribas und seine Kollegen, durch den Zusammenstoß Chariklos mit einem anderen, kleineren Himmelskörper. Allerdings sollten sich die Trümmer einer solchen Kollision zunächst in einer flachen, rotierenden Scheibe ansammeln und nicht in dünnen Ringen. Die Astronomen nehmen deshalb weiter an, dass ein bislang unbekannter Mond des Asteroiden mit seiner Schwerkraft die Trümmerbrocken zu Ringen zusammengetrieben hat.

Abb.: Maßstabsgerechte Darstellung der Bahnen von Sedna (orange) und 2012 VP113 (rot). Die kreisförmigen Bahnen im inneren entsprechen den Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Die gepunktete Region ist der Kuipergürtel, zu dem auch der Zwergplanet Pluto gehört. (Bild: S. Sheppard / C. Trujillo)

Während die Entdeckung der Ringe von Chariklo eher ein Zufallsfund ist, haben Chadwick Trujillo vom Gemini Observatory auf Hawaii und Scott Sheppard von der Carnegie Institution for Science in Washington das neue Objekt am Rand des Sonnensystems im Rahmen einer gezielten Suche aufgespürt. Der Kuipergürtel endet recht scharf bei einem Sonnenabstand von 50 Astronomischen Einheiten. Erst bei einer Entfernung von 1500 Astronomischen Einheiten beginnt dann die Oortsche Wolke. Doch 2003 wurde mit Sedna ein tausend Kilometer großer Himmelskörper in der Region dazwischen entdeckt. Sollte es also in diesem unerforschten Bereich des Sonnensystems noch weitere Himmelskörper geben, eine innere Oortsche Wolke?

Trujillo und Sheppard haben sich auf die Suche gemacht – und waren erfolgreich: Das von ihnen entdeckte Objekt 2012 VP113 ist etwa 450 Kilometer groß, sein Perihelabstand ist mit 80 Astronomischen Einheiten größer als bei jedem anderen bekannten Objekt im Sonnensystem. Aus der Größe der von ihnen abgesuchten Himmelsregion schätzen die beiden Forscher ab, es müsse in der inneren Oortschen Wolke noch etwa 900 ähnliche, bislang unentdeckte Himmelskörper mit Größen oberhalb von 1000 Kilometern geben. „Zahlenmäßig könnte es sich damit um die größte stabile Population im Sonnensystem handeln“, so die Forscher. Einige dieser Objekte könnten sogar größer sein als der Mars oder die Erde. Mehr noch: Aus der Ähnlichkeit der Bahnen von Sedna und 2012 VP113 schließt das Forscherduo auf die Existenz eines noch größeren Planeten in einer Entfernung von mehreren hundert Astronomischen Einheiten, der die Orbits in der inneren Oortschen Wolke stört.

Rainer Kayser

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