13.01.2016

Plasma optisch kontrollieren

Beschuss dünner Folien mit starken Laserpulsen ermöglicht Beein­flussung der Eigen­schaften des ent­stehenden Plasmas.

Die Erzeugung verschiedener Arten hochenergetischer Plasmen mittels ultrastarker Laserstrahlen ist eines der am schnellsten wachsenden Forschungsgebiete in der Laser- und Plasmaphysik. In den letzten Jahren haben vor allem Kielfeld-Beschleuniger von sich reden gemacht, bei denen im „Kielwasser“ eines durch ein Medium fliegenden Laserpulses extreme Feldstärken entstehen. Diese ziehen Elektronen hinter sich her und erreichen Beschleunigungsspannungen, die weit über denen herkömmlicher Kavitäten liegen. Wie genau sich die Wechselwirkung zwischen verschiedenen Medien und starken Laserpulsen verhält, ist allerdings Gegenstand aktueller Forschung und bislang nur partiell verstanden.

Abb.: Struktur des Magnetfeldes bei Durchgang von zirkular polarisiertem Licht durch eine zehn Nanometer dünne Aluminiumfolie. Bild (a) zeigt relativistisches Plasma nach starkem Laserpuls, (b) einen schwächeren Puls durch eine dünne Öffnung ohne Plasmaeffekte. (Bild: B. Gonzalez-Izquierdo et al. / NPG)

Eine interessante Methode, die Eigenschaften von Plasma schon bei seiner Entstehung kontrolliert zu beeinflussen, haben nun Forscher aus Groß­britannien unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler der University of Strathclyde in Glasgow haben hierzu einen leistungsstarken Titan-Saphir-Laser, den Gemini-Laser des Rutherford Appleton Laboratory, kurze Pulse auf hauchdünne Aluminiumfolien schießen lassen. Dabei entstand ein Elek­tronen­plasma. Je nachdem, welche Polarisation sie für die Laserpulse wählten, konnten sie Plasma mit unterschiedlichen Eigenschaften erzeugen.

Der Gemini-Laser liefert rund vierzig Femtosekunden lange Pulse bei einer Wellenlänge von achthundert Nanometern. Bei einer Pulsenergie von zwei Joule lag die Spitzenintensität der Pulse bei 6 × 1020 W cm-2. Um die Pulse möglichst exakt auf den Brennpunkt zu fokussieren und zugleich einen starken Intensitätskontrast zu realisieren, nutzten die Forscher eine Spiegel­kon­figu­ration aus doppeltem Plasmaspiegel und einem deformier­baren Spiegel vor dem fokussierenden Parabolspiegel. Die Forscher schossen die Pulse, die im Brennpunkt auf gerade einmal drei Mikrometer fokussiert waren, auf zehn Nanometer dünne Aluminiumfolien. Die gewünschte Polarisation erzielten sie mit Wellenplatten, die für linear, zirkular oder elliptisch pola­ri­sierte Pulse sorgten.

Die extremen Feldstärken im Laserpuls reißen die Elektronen mit und erzeugen so hinter der Folie ein relativistisches Elektronenplasma. Dank der hohen Laserleistung besaßen die Elektronen im Plasma Teilchenenergien bis jenseits von zehn Megaelektronenvolt. Trifft nun ein hinreichend starker Laserpuls auf eine dünne Metallfolie, so entsteht eine Art „künstliche Blende“ im Zentrum des Lichtstrahls. Dieser Effekt wird „relativistische, induzierte Transparenz“ genannt.

Ein Plasma reflektiert elektromagnetische Strahlung oder lässt sie durch, abhängig von der Wellenlänge und der Elektronendichte. Werden die Elektronen aber stark beschleunigt, dann nimmt ihre Masse gemäß der Relativitätstheorie zu. „Die schwereren Elektronen können aber nicht mehr schnell genug reagieren, um den Lichtstrahl zu stoppen“, sagt Paul McKenna von der University of Strathclyde. „Dadurch wird das Plasma sofort transparent in der Zone, wo der intensivste Teil des fokussierten Laserpulses ist.“ Der Durchmesser dieser kreisförmigen künstlichen Blende hängt dabei sowohl vom Intensitätsprofil des Laserpulses als auch von den Eigenschaften des expandierenden Plasmas ab. Typischerweise liegt er bei etwa zwei bis drei Wellenlängen, falls der Laserpuls scharf fokussiert ist.

Bei den Versuchen fanden die Wissenschaftler auch typische Beugungs­effekte der ultrastarken Laserpulse, die von der Wechselwirkung mit dem Plasma herrührten. Durch gezielte Ausnutzung der Beugung und der induzierten Transparenz kann der Laserpuls dem Elektronenplasma verschiedene Strukturen aufprägen. Bei linear polarisierten Pulsen konnten die Forscher zwei Plasmakeulen nachweisen. Bei elliptisch oder zirkular polarisiertem Licht formten sich schraubenartige, helikale Elektronenwolken.

Bei zirkular polarisiertem Licht stellte sich ein besonderer Effekt ein: Da solche Pulse die Elektronen weniger stark aufheizen und expandieren lassen, war die entstehende künstliche Blende kleiner als bei linearen oder ellip­tischen Pulsen. Mit diesen Versuchen konnten die Forscher nicht nur den Effekt relativistischer, induzierter Transparenz experimentell nachweisen. Ihre Versuche decken sich auch gut mit numerischen Modellen.

Die Forscher verglichen auch die Eigenschaften der Magnetfelder hinter der künstlichen Blende mit denen hinter einer realen Öffnung. Hierfür schnitten sie ein 0,75 Mikrometer durchmessendes Loch in die Aluminiumfolie und bestrahlten sie mit schwachen Laserpulsen, die kein Plasma erzeugten. Das magnetische Feld hinter dieser Öffnung war demjenigen des Plasmas bei starken Laserpulsen sehr ähnlich. Es zeigte vor allem eine ähnliche helikale Struktur.

Eine auf den ersten Blick unerwartete Anwendung ihrer rotierenden Plasmawellen sehen die Wissenschaftler insbesondere in der Erforschung von Jets aktiver galaktischer Kerne. Auch wenn viele Größenordnungen zwischen beiden Arten von Plasmajets liegen, so besitzen sie doch einige strukturelle Gemeinsamkeiten. Die galaktischen Jets stammen aus rotierenden Akkretionsscheiben und zeigen aufgrund ihres aufgeprägten Magnetfelds ähnliche Formen wie die helikalen Plasmawellen im Labor.

Aber auch für andere Zwecke erwarten die Forscher neue Einsichten. So ist bislang die Entstehung von Flares und Röntgenjets auf der Sonne ebenso unzureichend verstanden wie die Bildung störender Instabilitäten bei Fusionplasmen. Auch für neuartige Kielfeld-Beschleuniger oder medizinische Anwendungen könnte sich ein derartiges System als hilfreich erweisen. Zudem eröffnet der Beschuss von Festkörpern mit starken Laserpulsen die Möglichkeit, Ionen gezielt zu beschleunigen.

Dirk Eidemüller

RK

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