Plasmonen auf dem Präsentierteller
Oberflächenplasmonen von Silber-Nanowürfeln lassen sich erstmals dreidimensional darstellen.
Metallische Nanowürfel erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Aufgrund ihrer optischen Eigenschaften finden sie Verwendung in Wellenleitern, Lichtkonzentratoren, Resonatoren, Einzelmolekül-Sensoren oder auch in der Nahfeld-Mikroskopie und Raman-Spektroskopie. Diese vielfältigen Anwendungen basieren auf der abstimmbaren lokalen Verstärkung des elektromagnetischen Feldes durch die Oberflächenplasmonen der Nanowürfel. Diese quantisierten Schwingungen der Ladungsdichte erhöhen die Feldstärke über dem Festkörper, sind jedoch schwer darzustellen. Eine neue tomographische Methode ermöglicht es nun jedoch, die Plasmon-Resonanzen dreidimensional aufzulösen.
Abb.: Zweidimensionale Darstellung der Silber-Nanowürfel bei unterschiedlicher Neigung. Die fünf übereinander liegenden Komponenten entsprechen verschieden starken Energieverlusten des Elektronenstrahls. (Bild: O. Nicoletti et al.)
Physiker der Universität Cambridge kombinierten hierzu mehrere Verfahren in einer neuen Weise. Sie nutzen zunächst Elektronenenergieverlustspektroskopie (electron energy-loss spectroscopy – EELS) in einem Raster-Transmissionselektronenmikroskop, um Bilder von Silber-Nanowürfeln in verschiedenen Orientierungen aufzunehmen. Die Nanowürfel waren kubisch symmetrisch und besaßen eine Kantenlänge von rund hundert Nanometern sowie leicht abgerundete Ecken mit einem Krümmungsradius von etwa 5 Nanometern. Die Silberwürfelchen positionierten die Forscher auf einer nur dreißig Nanometer dünnen Unterlage aus Siliziumnitrid. Dieses Material wählten die Forscher, da es eine Bandlücke von ungefähr vier Elektronenvolt aufweist, was keine spektroskopischen Konflikte mit den Nanowürfeln erzeugt. Denn diese erzeugen typische Elektronenenergieverluste zwischen einem und vier Elektronenvolt.
Die Forscher durchleuchteten dann die Nanowürfel mit dem 300-Kilovolt-Elektronenstrahl unter verschiedenen Orientierungen, angefangen bei null Grad relativ zur (100)-Positionierung des Kristallgitters und dann weiter in 15-Grad-Schritten bis hin zu 60 Grad. Die so gewonnenen Bilder zeigten ein merkliches Rauschen, weshalb die Forscher einen speziellen Ansatz wählten, um dennoch detaillierte Abbildungen der lokalen Oberflächen-Plasmon-Resonanzen zu erhalten. Mit Hilfe der nicht-negativen Matrix-Faktorisierung konnten sie ihre Messdaten in zwei Anteile zerlegen. Der eine Teil spiegelte die spektralen Eigenschaften wider, der andere die räumliche Verteilung. Als praktikabel für die dreidimensionale Visualisierung stellte es sich heraus, die Resonanzen in fünf Energiebänder zwischen gut zwei und dreieinhalb Elektronenvolt einzuteilen.
Um aus den zweidimensionalen Aufnahmen eine dreidimensionale Darstellung der Oberflächenplasmonschwingungen zu erhalten, bedienten die Forscher sich dann eines Algorithmus, der auf dem Verfahren des compressed sensing beruhte. Diese Theorie erlaubt es, auch aus wenigen Messungen auf die Eigenschaften eines Objekts zu schließen. Über einige Näherungsmethoden, die sich auch der Symmetrieeigenschaften der Würfel verdankten, konnten die Wissenschaftler so die dreidimensionale Struktur der Oberflächenplasmonen rekonstruieren. Dabei erzielten sie eine räumliche Auflösung von rund 15 Nanometern. Damit lassen sich etwa die abgerundeten Kanten der Silberwürfel nicht gut erkennen. Wie die Forscher berichten, könnte man die Auflösung durch eine größere Serie von Aufnahmen zwar noch ein wenig erhöhen. Letztlich setze hier aber die delokalisierte Natur der Plasmonresonanzen eine Grenze.
Die fünf verschiedenen Energiebänder sprachen auf unterschiedliche Strukturen an. Das tiefste reagierte auf die unteren Ecken, die auf dem Siliziumnitrid auflagen; die beiden nächsthöheren vor allem auf die oberen Ecken sowie die unteren Kanten bzw. die untere Fläche. Die zweithöchste Komponente zeigte die Kanten, die höchste die obere und Seitenflächen. In der Summe lieferte dies ein gutes dreidimensionales Bild der Plasmonen auf den Silberwürfelchen.
Abb.: Dreidimensionale Visualisierung der lokalen Oberflächen-Plasmon-Resonanzen. Rechts unten ist die Kombination aus den fünf Komponenten zu sehen. (Bild: O. Nicoletti et al.)
Um ihr Verfahren zu prüfen, verglichen sie es anschließend mit simulierten Daten. Schließlich sind bei ihrer tomographischen Rekonstruktion einige Näherungsmethoden notwendig, die in der Summe das Ergebnis signifikant verfälschen könnten. Simulation und Messergebnisse waren aber miteinander konsistent. Kleinere Diskrepanzen etwa bei der Energieverteilung führten die Forscher auf Verschmutzungseffekte oder die Parametrisierung der dielektrischen Funktionen zurück.
Nachdem ihnen die räumliche Visualisierung mit diesem Verfahren geglückt ist, wollen die Forscher auf ihrem Verfahren weiter aufbauen. Für die Zukunft erwarten sie die Berücksichtigung relativistischer Effekte und neuer Elektronen-tomographischer Methoden. Dann ließen sich eventuell nicht nur symmetrisch, sondern auch beliebig geformte Körper untersuchen. Mögliche Anwendungen sehen die Forscher hier sowohl in der Untersuchung lithographisch erzeugter Strukturen sowie bei kolloidalen Nanopartikeln und bei Metamaterialien.
Dirk Eidemüller
Weitere Infos
OD