Plasmonen im atomaren Flachland
Neue Art quantenelektronischer Schwingungen entdeckt.
Forscher vom MPI für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg und dem Lawrence Berkeley National Laboratory in den USA haben eine grundlegend neue Art von quantenelektronischen Schwingungen – Plasmonen – in atomar dünnen Materialien entdeckt. Ihre Erkenntnisse könnten für zukünftige Imaging-Methoden und photochemische Reaktionen auf der Nanoskala relevant sein.
Vor fast siebzig Jahren zeigten Wissenschaftler, dass Elektronen in Materialien wellenartige, sich fortsetzende Schwingungen aufrechterhalten können, Plasmonen genannt. Heutzutage befasst sich eine dynamische Plasmonenforschung mit diesen elektronischen Schwingungen, deren Anwendungen für neue, schneller Computerchips, Solarzellen, Biosensoren und sogar Krebstherapien relevant sind.
Plasmonen werden stark von der Geometrie ihrer Umgebung und dem Material, in dem sie erzeugt werden, beeinflusst und lassen sich dadurch für verschiedenste Zwecke steuern. Es war bislang jedoch nicht bekannt, wie sich Plasmonen in einen Extremfall verhalten – nämlich, wenn diese Materialien nur wenige Atomlagen dick sind.
Das internationale Forschungsteam fokussierte sich auf die Eigenschaften von Plasmonen in solchen Materialien. Durch Quantenberechnungen entdeckten die Wissenschaftler, dass Plasmonen in allen atomar dünnen Materialien merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legen. Das war anfänglich überraschend für die Forscher. „Die Lehrbuchphysik sagt uns, dass sich Plasmonen in dreidimensional ausgedehnten Festkörpern anders verhalten als in zweidimensionalen Materialien“, sagt Team-Mitglied Felipe da Jornada vom LBNL. „Aber anders als in diesen vereinfachten Modellen weisen Plasmonen in allen echten, atomar dünnen Materialien ein noch anderes Verhalten auf und sind räumlich insgesamt sehr viel lokalisierbarer.“ Diese Unterschiede existieren, weil in echten atomar dünnen Materialien alle anderen nichtleitenden und nichtschwingenden Elektronen diese Plasmonen abschirmen, was zu gänzlich anderen Energie-Impuls-Beziehungen für diese Anregungen führt.
Weitere Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die Plasmonen in Systemen wie atomar dünnem TaS₂ sehr lange stabil bleiben können und bei typischen experimentellen Bedingungen sehr langsam sind. Das weist darauf hin, dass sich Plasmonen in atomar dünnen Materialien mit momentan verfügbaren experimentellen Methoden räumlich stark lokalisieren lassen und die Intensität des Lichts um einen Faktor von mehr als 10⁷ erhöhen könnten.
„Diese Forschungsergebnisse sind für viele Anwendungen relevant,“ sagt Ángel Rubio, Direktor der MPSD-Theorieabteilung, „von der Ermöglichung chemischer Reaktionen durch Katalyse mit Licht bis hin zur Biosensorik und Einzelmolekülspektroskopie.“
MPSD / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
F. H. da Jornada et al.: Universal slow plasmons and giant field enhancement in atomically thin quasi-two-dimensional metals, Nat. Commun. 11, 1013 (2020); DOI: 10.1038/s41467-020-14826-8 - Abt. Theorie (M. Rubio), Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, Hamburg
- Materials Sciences Division, Lawrence Berkeley National Laboratory, Berkeley, USA