Polymer-Netzwerken auf der Spur
Versuche mit künstlichen DNA-Röhren stellen Polymertheorie infrage.
Netzwerke aus mikroskopischen, halb-flexiblen Polymeren, die permanent Brownscher Molekularbewegung unterworfen sind, finden sich überall in der Natur. Sie geben zum Beispiel in Form des Zellskeletts der biologischen Zelle mechanische Steifheit oder bilden außerhalb der Zelle das Gerüst, an dem sie sich fortbewegen kann. Die Mechanik dieser Stoffklasse zu verstehen, birgt immenses Potenzial, diverse Krankheiten, beispielsweise Krebs oder Fibrose, besser zu verstehen und mögliche Therapieformen zu entwickeln.
Aktin, eines der häufigsten Proteine und selbst Teil des Zellskeletts, wurde bisher verwendet, um die Mechanik von solchen Polymeren zu untersuchen. Es hat jedoch einen großen Nachteil: Die Steifheit der einzelnen Kettenmoleküle ist bei Aktin nicht veränderbar, was verlässliche Aussagen zum Verhalten der Polymere erschwert. Nun haben Physiker der Uni Leipzig und des Fraunhofer-
„Überraschenderweise passen die Ergebnisse nicht in das Bild, das sich die Polymertheorie dazu zuvor gemacht hat. Vielmehr entspricht die resultierende Mechanik mehr unserer Alltagserfahrung, dass Gebilde aus steifen Einzelteilen eben steifer sind als solche aus weichen", erklärt Carsten Schuldt von der Uni Leipzig. Jetzt werde daran gearbeitet, diese Strukturen noch steifer zu machen, um sie für die Stammzelltherapie einsetzen zu können. „Damit haben wir die entsprechende Polymertheorie der vergangenen zwanzig Jahre infrage gestellt“, sagt Schuldt. Diese neuen Erkenntnisse über die Mechanik dieser Netzwerke sind nach seiner Einschätzung ein wichtiger Schritt in der Grundlagenforschung auf diesem Gebiet. Bis diese jedoch in der Praxis - etwa in der Krebstherapie - Anwendung finden, dauere es noch mehrere Jahre, so der Physiker.
AML / RK