15.11.2006

Polymere für Hochleistungsbeton

Wenige Nanometer große Moleküle verbessern die Qualität von Sichtbeton und eröffnen neue architektonische Gestaltungsmöglichkeiten.



Wenige Nanometer große Moleküle verbessern die Qualität von Sichtbeton und eröffnen neue architektonische Gestaltungsmöglichkeiten.

Kaum vorstellbar, dass winzige Teilchen, die nur wenig größer sind als der Millionste Teil eines Millimeters, riesige Gebäudestrukturen maßgeblich beeinflussen, verschönern oder gar erst ermöglichen. Schon seit Jahrzehnten werden beim Betonmischen nicht nur Zement und Wasser zugegeben, sondern auch chemische Zusatzmittel. Diese verbessern die Fließeigenschaften des Betons und lassen ihn kurzer Zeit aushärten. Seit rund 15 Jahren wird intensiv an der chemischen Zusammensetzung einer neuen Generation dieser Zusatzmittel geforscht.

Abb. 1. Selbstverdichtender Beton füllt sogar komplexe Hohlräume ohne Verdichtung. (Quelle: Empa)

Die Empa – eine schweizerische Forschungsinstitution für Materialwissenschaften und Technologie – versucht nun, mit vom weltweit größten Chemiekonzern BASF hergestellten Polymeren Struktur-Wirkungs-Beziehungen zu ermitteln, die es Industriechemikern künftig erleichtern, Zusatzmittel zielgerichtet zu optimieren. Die Projektleiter Frank Winnefeld und Lorenz Holzer von der Abteilung Beton/Bauchemie weisen auf die Schwierigkeiten des Unterfangens hin: „Wir wollen einen Hochleistungsbeton, der wie Honig in die Abschalungen fließt und sich trotzdem innert nützlicher Frist verfestigt.“ Eine große Herausforderung sei, dass die meisten Polymere äußerst empfindlich auf unterschiedliche Zusammensetzungen von Zement reagieren - und sich die Zemente der meisten Anbieter oft deutlich unterscheiden. Ziel sei deshalb ein universell einsetzbarer Polymerzusatz, führt Winnefeld aus. Und was bringt die Forschung der Bauindustrie? „Ein gutmütiger Beton mit besseren Fliesseigenschaften lässt neue architektonische Strukturen zu und steigert die Sichtbetonqualität“, so Winnefeld. Gleichzeitig erhöhe sich auch die Lebensdauer des Betons.

Das Funktionsprinzip der winzigen Polymere wird an der Empa unter anderem mit dem Rasterkraftmikroskop untersucht. Auf der Oberfläche der Zementpartikel lagern sich unzählige Polymermoleküle an. Da diese negativ geladen sind, stoßen sich die Zementbestandteile gegenseitig ab und verteilen sich gleichmäßig im Wasser-Zement-Zuschlag-Gemisch – das Material verflüssigt sich.

Abb. 2: Adsorption eines Polycarboxylat-Fließmittels an einer Glimmeroberfläche - sichtbar gemacht mit dem Rasterkraftmikroskop. (Quelle: Empa)

Die Bestrebungen der Empa gehen aber noch weiter. „Wir wollen auch verstehen, weshalb welcher Kunststoffzusatz mit welchem Zement wie reagiert“, erklärt Winnefeld. Dazu wird erstmals in diesem Forschungsbereich die so genannte Cryo-Elektronenmikroskopie angewendet. An diesem Spezialmikroskop der ETH Zürich werden innert weniger Millisekunden Zementsuspensionen von wenigen Nanometern Größe unter hohem Druck schockgefroren. Die Struktur der Suspension bleibt durch den Temperaturschock erhalten, was genauere Untersuchungen an den Polymeren zulässt. Daraus erhoffen sich die Empa-Forscher schon bald ein besseres Verständnis über die Wirkungsweise verschiedener Polymere, was diese als Beton-Additive für die Industrie noch attraktiver machen würde.

Quelle: Empa/Lukas Herzog

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