Poröse Flüssigkeiten als Gasspeicher
Käfig-Moleküle aus organischen Substanzen können in einer Flüssigkeit große Gasmengen aufnehmen.
Zeolithe und metallorganische Gerüste sind kristalline Festkörper mit der größten bekannten Porosität. Dank der Poren und der pro Volumen ungewöhnlich großen Oberfläche, können diese Materialen als Gasspeicher oder Katalysatoren eingesetzt werden. Nun gelang es einer internationalen Forschergruppe erstmals, eine dauerhaft poröse Flüssigkeit herzustellen. Damit begründen sie eine völlig neuartige Materialklasse, die in Zukunft bisher genutzte Festkörper ersetzen und so die Abläufe von Speicher- und Katalyse-Prozessen vereinfachen könnte.
Abb: Poröse Flüssigkeit mit großen organischen Käfig-Molekülen (künstlerische Illustration; Bild: S. James et al., U. Belfast)
Stuart James von der Queen´s University in Belfast und seine Kollegen produzierten in einem mehrstufigen Verfahren organische Käfig-Moleküle. Diese „crown-ether-cages“ hatten einen Durchmesser von etwa einem halben Nanometer und etwas kleinere Öffnungen von etwa 0,4 Nanometern. Um aus diesem festen Material eine poröse Flüssigkeit zu erhalten, mischten die Wissenschaftler die Käfig-Moleküle in ein organisches Lösungsmittel.
Um die Löslichkeit zu erhöhen, dockten die Forscher vorher ringförmige Oligoether-Gruppen in einer nasschemischen Reaktion mit Substanzen wie Triformylbenzol und Dichloromethan an die Käfig-Moleküle an. Diese Oligoether-Gruppen hatten den Vorteil, dass sie wegen ihrer Form nicht in die Käfige selbst eindringen und so die Poren der Flüssigkeit verstopften konnten. Auf diesem Weg gelang es, die erste poröse Flüssigkeit herzustellen, deren Poren dauerhaft geöffnet blieben.
In weiteren Versuchen analysierten die Wissenschaftler, wieviel Methangas diese gelbliche und etwas zähe Flüssigkeit aufnehmen konnte. Knapp ein Milligramm Methan ließ sich bei dreißig Grad Celsius dank der Käfig-Moleküle in einem Gramms der porösen Flüssigkeit lösen. Mühelos konnten dabei die kleinen Methanmoleküle durch die Poren der Käfig-Moleküle wandern, um in ihnen über schwache Bindungskräfte festgehalten zu werden. Magnetresonanz-Analysen der mit Methan versetzten Flüssigkeit bestätigten die ungewöhnlich hohe Gaskonzentration.
Zwar können feste, poröse Materialien wie etwa Zeolithe noch mehr Gasmengen in ihren Poren aufnehmen. Doch James ist sich sicher, dass auf der Grundlage seiner Versuche die Speicherfähigkeit von porösen Flüssigkeiten gesteigert werden könnte. Da sich Flüssigkeiten in chemischen Prozessen sehr viel einfacher austauschen und kontrollieren lassen als Festkörper, könnte mit ihnen die Effizienz von Speicher- oder Katalyse-Reaktionen erhöht werden. Auch Reaktionen mit dünnen Filmen aus porösen Flüssigkeiten eröffnen Möglichkeiten, die poröse Festkörper nicht bieten.
„Diese ersten porösen Flüssigkeiten sollten als Prototypen einer neuen Materialklasse angesehen werden“, kommentiert Michael Mastalerz von der Uni Heidelberg. Er ist davon überzeugt, dass mit einer Steigerung der Speichereigenschaften diese porösen Flüssigkeiten ohne Zweifel zahlreiche technologische Anwendungen finden werden. Auch Katalyse-Reaktionen mit einer porösen Flüssigkeit sind vorstellbar. Doch auf diesem Feld haben metallorganische Gerüste mit Oberflächen von mehr als 4500 Quadratmetern pro Gramm klar die Nase vorn. Vergleichbare Messungen der potenziell aktiven Oberfläche in porösen Flüssigkeiten stehen zwar noch aus, doch sind hier deutlich kleinere Flächenmaße zu erwarten.
Jan Oliver Löfken
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RK