Porphyrin bei Raumtemperatur schalten
Nickelatom in Porphyrin-Kupfer-Grenzfläche lässt sich reversibel in höheren Spinzustand schalten.
Die Menge der Daten wächst und wächst – und damit der Bedarf nach neuen Möglichkeiten, diese Daten speichern zu können. Eine Möglichkeit ist es, Informationen in Molekülen zu speichern. Die haben den Vorteil, dass sie stets dieselbe Struktur haben und deswegen sehr zuverlässig sind – wenn es gelingt, die Informationen nachhaltig in die Moleküle hineinzutragen. Daran arbeiten Forscher im Bereich der Spinelektronik, einem Forschungsgebiet in der Nanoelektronik.
Eine internationale Forschungsgruppe um Mirko Cinchetti und Giovanni Zamborlini von der TU Dortmund konnte nun wichtige Erkenntnisse zu einer interessanten Porphyrin-Metall-Grenzfläche gewinnen. Porphyrine tragen zu wichtigen Funktionen in lebenden Systemen bei: So kommen sie im pflanzlichen Chlorophyll vor, welches die Photosynthese ermöglicht, oder im Hämoglobin im menschlichen Blut. Im Forschungsprojekt dampften die Wissenschaftler nickelhaltige Porphyrin-Moleküle – in deren Zentrum sich ein Nickel-Atom befindet – auf eine Kupferoberfläche auf.
Anschließend setzten sie die Porphyrin-Kupfer-Grenzfläche dem Gas Stickstoffdioxid aus. Dabei beobachteten sie, dass das Nickelatom im Porphyrin reversibel in einen höheren Spinzustand geschaltet werden kann, was bei Raumtemperatur noch nie beobachtet werden konnte. Dieser Mechanismus kann künftig genutzt werden, um Informationen in Porphyrinen zu speichern oder um extrem sensible Sensoren zur Erkennung des giftigen Stickstoffdioxids zu entwickeln.
Die Forscher haben zudem einen weiteren nützlichen Effekt entdeckt: Bei einer zukünftigen Anwendung in elektrischen Bauteilen würde durch die Porphyrin-Kupfer-Grenzfläche Strom fließen. Im Experiment wurde nun deutlich, dass die Zustände, die für den Stromfluss verantwortlich sind, von dem Spinschaltprozess nicht beeinflusst werden – eine wichtige Bedingung, um multifunktionale Bauteile herstellen zu können, die eine Vielzahl von physikalischen Eigenschaften gezielt durch die Anwendung von externen Stimuli verändern. „All dies macht die Porphyrin-Kupfer-Grenzfläche für künftige technische Anwendungen äußerst interessant“, sagt Mirko Cinchetti.
Die Arbeit ist das Ergebnis einer internationalen Kooperation zwischen der Technischen Universität Dortmund, dem Forschungszentrum Jülich, der Universität Triest, dem italienischen Nationalen Forschungsrat, der Universität Erlangen und der Universität Graz. Die Experimente wurden hauptsächlich an den Synchrotronanlagen Elettra in Triest (Italien) und der Schweizer Lichtquelle in Villigen (Schweiz) durchgeführt. Die Teams unter der Leitung von Mirko Cinchetti und Giovanni Zamborlini (TU Dortmund) sowie Vitaly Feyer und Claus M. Schneider (Forschungszentrum Jülich) waren für die Durchführung und Auswertung der Messungen verantwortlich, während Peter Puschnig (Universität Graz) Theoriearbeit leistete.
TU Dortmund / DE