Präziser Blick auf Bandstrukturen
Neue Analysemethode offenbart elektronische Struktur von Quantenmaterialien exakt und schnell.
Die Entwicklung neuer Technologien von ultrakompakter Elektronik über hocheffiziente Solarzellen bis hin zu Quantencomputern ist eng mit der Entdeckung neuer Materialien verknüpft. Dabei sind in den letzten Jahren insbesondere zweidimensionale Kristalle ins Blickfeld der Forschung gerückt. Von diesen Schichtmaterialien lassen sich einzelne Atomlagen abziehen und wie in einem mikroskopischen Lego-Baukasten zu neuen künstlichen Strukturen stapeln, deren ungewöhnliche Quanteneigenschaften maßgeschneidert werden können. Um Materialienkombinationen mit Anwendungspotenzial herstellen zu können, werden allerdings tiefgreifende Kenntnisse ihrer elektronischen Eigenschaften benötigt. Dies gelang nun einer internationalen Gruppe um Forscher der Universität Regensburg. Mit ultrakurzen Lichtblitzen bestimmten sie die genaue elektronische Struktur von Quantenmaterialien mit einzigartiger Präzision.
Die entscheidende Rolle spielt dabei die Bandstruktur der Elektronen. Doch die derzeit gängigen Analysemethoden zur Bestimmung der elektronischen Struktur lassen sich meist nur schwer auf atomar dünnen Schichten anwenden. Zum einen sind deren laterale Dimensionen meist zu klein, zum anderen erfordert die genaue Untersuchung oft äußerst komplexe experimentelle Aufbauten, was die Untersuchung dieser neuartigen Systeme zusätzlich erschwert. Eine Kooperation der Arbeitsgruppe von Rupert Huber am Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg mit den Gruppen von Stephan W. Koch von der Universität Marburg undMackillo Kira von der University of Michigan entwickelte nun eine Methode, mit der die elektronische Struktur atomar dünner Materialien einfach und sprichwörtlich blitzschnell bestimmt werden kann.
Dazu wurden Elektronen mit Hilfe eines kurzen Lichtblitzes in das Leitungsband angeregt, wo sie sich frei bewegen können. Ein zweiter, intensiver Lichtblitz beschleunigt sie dann über weite Bereiche dieses Leitungsbandes. Dabei folgt die Bewegung der Elektronen, wie bei der Abfahrt eines Skifahrers auf einer Buckelpiste, der Form des Leitungsbandes. Dies führt dazu, dass ein schwacher Lichtblitz erzeugt wird, der den Forschern Aufschluss über die Bewegung der Elektronen im Kristall und damit der zugrundeliegenden Bandstruktur liefert.
Die Forscher machten sich dabei die Welleneigenschaften von Elektronen zu Nutze, wodurch stehende Elektronenwellen im Kristall ausgebildet wurden. Diese stehenden Wellen besitzen wie ein Kamm, Zinken und Lücken. Die Lokalisierung der Elektronen in den Zinken des Kamms ermöglicht eine Bestimmung der elektronischen Struktur mit einzigartiger Präzision. Dem Team ist es nun erstmals gelungen, diese spektralen Fingerabdrücke direkt mit der elektronischen Struktur des Materials in Verbindung zu bringen. „Diese neuartige Methode eröffnet uns die Möglichkeit die Bandstruktur neuer Quantenmaterialien selbst in Umgebungsluft zu untersuchen und viel zielgerichteter denn je nach neuartigen Quanteneffekten in maßgeschneiderten Materialien zu suchen“, sagt Christoph Schmid von der Universität Regensburg.
U. Regensburg / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Borsch et al.: Super-resolution lightwave tomography of electronic bands in quantum materials, Science 370, 1204 (2020); DOI: 10.1126/science.abe2112 - Ultraschnelle Quantenelektronik und Photonik, Experimentelle und Angewandte Physik, Universität Regensburg
- Electrical Engineering and Computer Science, University of Michigan, Ann Arbor