18.12.2012

Promotion im Profil

Eine umfangreiche Studie nimmt das deutsche Promotionswesen unter die Lupe und untersucht insbesondere die strukturierten Graduiertenprogramme.

Die Promotion befindet sich in einem gewissen Spannungsfeld. In der Öffentlichkeit hat ihr Renommee spätestens seit den prominenten Plagiatsfällen gelitten. Die DPG hat dagegen 2009 mit anderen naturwissenschaftlich-technischen Fachgesellschaften ausdrücklich den hohen Stellenwert der Promotion betont. Diese sei die erste Phase eigenständiger wissenschaftlicher Berufstätigkeit und damit ein essenzieller Bestandteil des Forschungssystems.

Doch wie sehen die Rahmenbedingungen für die Promotion an den deutschen Hochschulen wirklich aus? Wie unterscheiden sie sich in den Disziplinen? Dazu gab es bislang wenig belastbare Zahlen. Dem sollen drei umfangreiche Studien abhelfen, die das Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ) Ende November veröffentlicht hat. Sie decken ein breites Spektrum von Aspekten ab, angefangen bei der sozialen Herkunft der Promovierenden, über den Frauenanteil und die Analyse der Übergangszeiten vor und nach der Promotion bis hin zum Monatseinkommen von Doktoranden. Die Studie basiert auf einem Teil des Promovierenden-Panels ProFile%), der 2680 Promovierende an sieben Universitäten umfasst.

Ein wichtiger Fokus der ifQ-Studien liegt auf strukturierten Promotionsprogrammen, die seit der Einführung der DFG-Graduiertenkollegs im Jahr 1990 immer mehr an Bedeutung gewonnen haben, in den letzten Jahren auch durch die Graduiertenschulen im Rahmen der Exzellenzinitiative und die Graduiertenkollegs der Helmholtz-Gemeinschaft. In der Physik sind mittlerweile mehr als 50 Prozent der Promovierenden Mitglied in einem Promotionsprogramm.

Die iFQ-Studie betont, dass die Unterscheidung zwischen „traditioneller“ und „strukturierter“ Promotion zu kurz greift. Das ergab eine „Clusteranalyse“ nach den vier Merkmalen Betreuerzahl, Betreuungsintensität, (schriftliche) Promotionsvereinbarungen und Besuch von außerfachlichen oder methodischen Kursen. Dabei zeigte sich, dass es sinnvoll ist, nach vier Promotionstypen zu unterscheiden:

  1. „Formalisierte Promotion“: stärker geregelt, insbesondere durch eine schriftliche Promotionsvereinbarung,
  2. „Betreute Promotion“: Betreuung überwiegend in Teams, d. h. von mehr als einer Person, durchgehend sehr häufiger Kontakt zu den Betreuern.
  3. „Curriculare Promotion“: Besuch von mindestens einem Kurstyp innerhalb der letzten zwölf Monate,
  4. „Freie Promotion“: selten mehr als eine Betreuungsperson, mit der eher wenig Austausch stattfindet, keine Promotionsvereinbarungen und Kursbesuche.

In der Physik entfallen die größten Anteile auf formalisierte (24,2 %) und betreute Promotionen (50,3 %), ähnlich wie in Chemie, Biologie und Mathematik.

Die Studie zeigt, dass Promovierende mit einer formalen Mitgliedschaft in einem Promotionsprogramm tatsächlich in einem eher strukturierten und standardisierten Rahmen promovieren und damit ihrem Anspruch gerecht werden. Doch die Analysen zeigten, dass auch die Rahmenbedingungen für Promovierende außerhalb solcher Programme häufig Elemente einer strukturierten Promotion aufwiesen. Dies müsse bei der Analyse der Promotionsbedingungen berücksichtigt werden.
Interessanterweise schätzen alle Promovierenden Betreuungsdefizite sehr ähnlich ein, unabhängig davon, ob sie Mitglied eines Promotionsprogramms sind oder nicht. In beiden Fällen nehmen rund 55 Prozent die Promovierenden die Betreuung als „deutlich weniger als erwünscht“ und „weniger als erwünscht“ wahr.

Die Ergebnisse sind noch mit etwas Vorsicht zu interpretieren, denn sie beruhen auf einer relativ geringen Zahl von Befragten, in der Physik liegt diese bei 157. Für eine noch solidere Datengrundlage soll das Promovierenden-Panel für weitere Universitäten geöffnet werden. Erklärtes Ziel ist es, die Promotion weniger von der Prüfungsleistung, sondern mehr von ihrem Verlauf her zu beurteilen. Daher sollen insbesondere die Teilnehmer des ersten Panels nach ihrem Abschluss erneut befragt werden, um beurteilen zu können, welche Art von Promotion sich am besten bewährt.

Alexander Pawlak

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