Protein auf dem Seziertisch
Intensive Röntgenblitze ermöglichen Strukturbestimmung von Virus-Protein in beinahe atomarer Auflösung.
Mit Hilfe intensiver Röntgenblitze hat ein internationales Forscherteam die kristalline Proteinhülle eines Insektenvirus entschlüsselt. Die Analyse zeigt die Bausteine des Virus-
Abb.: Struktur der Bausteine des Viruskokons (links und Mitte) sowie des Einzelproteins Granulin (rechts), berechnet aus der Röntgenstrukturanalyse (Bild: D. Oberthür, CFEL / DESY)
„Das Granulovirus befällt bestimmte Insekten und tötet sie. Da es dann mit seinem toten Wirt zunächst an Ort und Stelle liegenbleibt, muss es sich – manchmal jahrelang – vor Umwelteinflüssen wie Hitze, UV-Licht und Trockenheit schützen, bis es irgendwann wieder von einem Insekt aufgenommen wird. Deshalb hüllt sich das Virus in einen Kokon aus Proteinkristallen, der sich erst im Insektendarm wieder auflöst“, erläutert Cornelius Gati von DESY. Diese Viren sind das Spezialgebiet von Peter Metcalf von der Universität Auckland in Neuseeland und Johannes Jehle vom Julius-
„In den vergangenen 50 Jahren haben Wissenschaftler mehr als 100.000 Proteinstrukturen entschlüsselt“, betont Chapman, der auch Physikprofessor an der Universität Hamburg ist. „Das mit Abstand wichtigste Werkzeug dabei ist die Röntgenkristallographie.“ Bei dieser Methode wird ein Kristall aus dem zu untersuchenden Protein gezüchtet und mit hellem Röntgenlicht beleuchtet. Es entsteht ein charakteristisches Muster der gebeugten Röntgenstrahlen, aus dem sich die räumliche Struktur des untersuchten Kristalls und seiner Bausteine berechnen lässt.
„Eine große Herausforderung bei diesem Verfahren ist allerdings die Kristallzucht“, sagt Chapman. Viele Proteine lassen sich nur widerwillig in Kristallform zwingen, weil es nicht ihrem natürlichen Zustand entspricht. Je kleiner die Kristalle für die Untersuchung sein dürfen, desto eher gelingt zwar häufig die Zucht, desto schwieriger ist jedoch auch die Untersuchung. „Wir hoffen, in Zukunft sogar ganz auf die Kristallzucht verzichten und einzelne Moleküle direkt per Röntgenlicht untersuchen zu können. Daher möchten wir verstehen, wo die Grenzen liegen“, sagt Chapman.
„Die eiförmigen Okklusionskörper des Granulovirus sind die kleinsten Proteinkristalle, die je für die Röntgen-
Je kleiner ein Kristall ist, desto heller muss das Röntgenlicht sein, mit dem er beleuchtet wird, um ein ausreichend detailliertes Streubild aufnehmen zu können. Die intensivsten Röntgenblitze erzeugen Freie-
Die Röntgenstrahlungsdosis war auch für die Viruskristalle vernichtend – sie verdampften in den Blitzen. Allerdings sind die Blitze so kurz, dass sie die Strukturinformation des unbeschädigten Kristalls zum Detektor befördern, bevor das Viruspartikel explodiert. Die Analyse der aufgezeichneten Streubilder zeigt, dass selbst die winzigen Proteinkristalle trotz der extrem hohen Strahlungsdosis auf diese Weise ihre Struktur in atomarer Auflösung preisgeben.
„Simulationen auf Grundlage unserer Messungen ergeben, dass wir mit unserer Methode voraussichtlich selbst die Struktur von noch kleineren Kristallen aus lediglich einigen hundert oder tausend Molekülen entschlüsseln könnten“, berichtet Chapman, der auch Mitglied im Hamburger Center for Ultrafast Imaging (CUI) ist. „Damit schaffen wir einen großen Schritt in Richtung unseres Ziels, der Analyse von Einzelmolekülen.“
DESY / DE