Protonen-Protuberanz auf Magnetar
Astronomen beobachten variable Absorptionslinie im Spektrum eines Röntgenpulsars.
Sowohl bei den sogenannten Soft Gamma Repeaters (SGRs) als auch bei den anomalen Röntgenpulsaren (AXPs) handelt es sich um langsam rotierende, isolierte Neutronensterne, die sporadisch Strahlungsausbrüche zeigen. Ihre Eigenschaften werden von Astrophysikern im Rahmen des Magnetar-Modells erklärt. Nach dieser Vorstellung sorgt die Umwandlung von magnetischer in thermische Energie für die stetige Röntgenemission, während starke Magnetfelder zu Umstrukturierungen der Kruste und damit zu Strahlungsausbrüchen führen.
Abb.: Künstlerische Darstellung eines Magnetars mit multipolarem Magnetfeld. (Bild: NASA / CXC / M.Weiss)
Der 2009 entdeckte Pulsar SGR 0418+5729 scheint sich jedoch nicht in dieses Modell einzufügen. Aus der gemessenen Abnahme seiner Rotationsgeschwindigkeit ergibt sich ein Dipolfeld mit einer Stärke von 6 × 1012 Gauß am Äquator – ein Wert, der eher für normale Radiopulsare typisch ist als für Magnetare. Um die Eigenschaften des SGRs zu erklären, wäre jedoch ein mindestens zwanzig Mal stärkeres Feld an der Oberfläche nötig. Eine mögliche Lösung für dieses Dilemma wäre, dass das Magnetfeld des Objekts von multipolaren Komponenten auf der Oberfläche dominiert wird.
Andrea Tiengo vom Nationalen Institut für Astrophysik in Mailand und seine Kollegen sind bei Beobachtungen mit dem europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton auf eine Absorptionslinie im Röntgenbereich gestoßen, die mit der Rotationsphase des Neutronensterns variiert. Wie sie in einer ausführlichen Analyse zeigen, ist ein multipolares Magnetfeld der beste Erklärungsansatz für dieses Absorptionsfeature.
Die Forscher vergleichen dabei die lokalen magnetischen Pole mit Sonnenflecken und argumentieren, dass es ähnlich zu solaren Protuberanzen bei einem Magnetar Protuberanzen aus Protonen geben könne. Wenn die auf den Beobachter gerichtete Strahlung solche Protuberanzen passiert, entsteht durch die Rotation des Neutronensterns genau die beobachtete variable Absorption. Um eine Übereinstimmung mit den Messungen zu erzielen, ist eine Feldstärke von 2 × 1014 Gauß nötig – ein Wert, der auch mit den sonstigen Eigenschaften des Soft Gamma Repeaters im Einklang ist.
Rainer Kayser
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