Quantenchips nanophotonisch koppeln
Integration von Farbzentren in nanophotonische Siliziumcarbid-Strukturen gelungen.
Um verschiedene Prozessoren dynamisch zusammenzuschalten, sind die Quanteninformationsträger der Wahl typischerweise Photonen. Mit diesen lässt sich effizient Verschränkung erzeugen, also ein Teilchensystem, das als Ganzes einen bestimmten Zustand einnimmt, ohne dass man auch jedem der Teilchen einen eigenen definierten Zustand zuordnen kann. Dies ist sowohl auf mikroskopisch kleinen Chips, als auch in großen Quantennetzwerken möglich.
Obwohl nanophotonische Chips als Lichtleiter mittlerweile routinemäßig hergestellt werden, ist die Integration von Quantensystemen immer noch sehr herausfordernd. Dies liegt hauptsächlich an deren hoher Empfindlichkeit gegenüber kleinsten Störungen in der näheren Umgebung. Daher konnten bis heute keine nanophotonisch integrierten Quantensysteme entwickelt werden, welche gleichzeitig einen Quantenprozessor und eine effiziente optische Schnittstelle anbieten.
Diese Problematik gingen Forscher der Universitäten Stuttgart, Kalifornien–Davis, Linköping und Kyoto sowie Partnern vom Fraunhofer-Institut in Erlangen, dem Helmholtz-Zentrum in Dresden und dem Leibniz-Institut in Leipzig nun in zwei Schritten an: Zunächst benutzten sie die Siliziumfehlstelle im Siliziumcarbid, ein Farbzentrum, das außergewöhnlich stabile spin-optische Eigenschaften besitzt. Um diese Farbzentren in nanophotonische Wellenleiter zu integrieren, setzen die Forscher ein sehr schonendes Prozessierungsverfahren ein, welches auf einem chemischen Trockenätzprozess basiert. Damit war es möglich, Strukturen herzustellen, ohne die Eigenschaften des Siliziumcarbidkristalls zu beeinflussen.
„Durch unsere Herangehensweise konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass die ausgezeichneten spin-optischen Eigenschaften unserer Farbzentren auch nach der Integration in Wellenleiter voll erhalten bleiben“, so der Projektleiter Florian Kaiser. „Dank der ausgezeichneten Stabilität unserer Systeme wurde der experimentelle Aufwand signifikant reduziert, was es uns direkt erlaubte, erste Quantencomputer-Protokolle zu implementieren. Dazu benutzten wir Kernspins im Kristallgitter als Qubits, welche dank ihrer sehr langen Kohärenzzeiten ideal für Quantencomputing geeignet sind.“
Marina Radulaski, Assistenzprofessorin an der University California–Davis fügt hinzu: „In diesem Projekt befassten wir uns mit photonischen Wellenleitern mit dreieckigem Querschnitt. Diese sind kommerziell besonders interessant, aber bisher bei Quantenhardware eher unterrepräsentiert. Unsere Forschung zeigt allerdings, dass diese Wellenleiter ideal geeignet sind um Farbzentren effizient mit einer einzelnen optischen Mode anzukoppeln. Dieses robuste Einzelmoden-Verhalten ist ein kritischer Baustein für die Skalierung der Systeme, insbesondere um verschiedene photonische Technologien zu kombinieren, zum Beispiel optische Resonatoren, fasergekoppelte Chips und effiziente Einzelphotonendetektoren.“
Siliziumcarbid ist auch deshalb besonders interessant, da es CMOS-kompatibel ist und in der elektrischen Mobilität eine Schlüsselrolle als Hochleistungshalbleiter einnimmt. Dies könnte ein entscheidender Vorteil sein, um spin-photonische Chips in skalierbarer Weise herzustellen. Zudem möchten die Forscher die Halbleitereigenschaften von Siliziumcarbid ausnutzen, um zum Beispiel Quantenzustände elektrisch zu initialisieren und auszulesen. „Dadurch, dass wir Quantensysteme vermehrt elektrisch statt optisch kontrollieren, werden wir eine weitere Vereinfachung erzielen. In Kombination mit effizienter Einzelmoden-Nanophotonik werden wir dadurch mehr Quantensysteme auf einem Chip integrieren können und die Leistungsfähigkeit signifikant steigern.“, so Florian Kaiser. „Unsere aktuellen Ergebnisse zur nanophotonischen Integration läuten spannende Forschungen zu dezentralisierten Quantencomputer-Technologien und zu kompakten spin-optischen Quantensensoren ein.“
U. Stuttgart / DE