"Quantencomputer wird es geben"
Ignacio Cirac vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik spricht über den Entwicklungsstand von Quantencomputern und Quantensimulatoren.
Juan Ignacio Cirac ist theoretischer Physiker und Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Er zählt zu den Pionieren der Quanteninformation. Gemeinsam mit Peter Zoller von der Universität Innsbruck publizierte er 1995 das erste Konzept zur Konstruktion von Quantencomputern und Quantensimulatoren. Physik in unserer Zeit führte mit ihm ein Gespräch über Quantencomputer, Quantensimulatoren, die Geschichte und den Entwicklungsstand seines jungen Forschungsgebiets.
Abb. Juan Ignacio Cirac (Foto: T. Naeser).
Was unterscheidet Quantencomputer grundsätzlich von klassischen Computern?
In einem Satz würde ich sagen, dass sie im Lösen derselben Aufgaben konkurrieren, aber sie nutzen dazu verschiedene Naturgesetze. Wenn Sie mit ihrem Laptop ein Problem lösen wollen, geben Sie Information ein, verarbeiten diese und lesen sie aus. Dazu nutzen klassische Computer die Gesetze der klassischen Physik. Sie sind in Gattern wie AND, OR, XOR implementiert. Mit Quantencomputern wollen wir dasselbe machen. Beim Prozessieren dieser Information nutzen Quantencomputer jedoch andere Naturgesetze, nämlich die Logik, die in der mikroskopischen Welt der Quantenmechanik herrscht. Diese Gesetze sind ein wenig merkwürdig, aber sie erlauben Dinge zu tun, die man mit klassischen Computern nicht machen kann. Dabei geht es nicht darum, einfach die Hardware zu verbessern. Wir machen es anders, indem wir andere Naturgesetze verwenden.
Es ist also eine komplett andere Technologie, aber werden wir in Zukunft Quantencomputer auf unseren Schreibtischen haben?
Erstens haben wir noch keine Quantencomputer, aber sie werden sicher gebaut werden. Es wird vielleicht zehn, zwanzig oder sogar fünfzig Jahre dauern, ich weiß es nicht.
Für welche Zwecke würde man einen Quantencomputer vornehmlich nutzen?
Eine Aufgabe wäre das Faktorisieren von Zahlen. Weitere Beispiele sind das Design chemischer Verbindungen, neuer Materialien wie Hochtemperatur-Supraleiter oder das Lösen von Optimierungsproblemen im Zusammenhang mit Mustererkennung oder maschinellem Lernen.
Materialien sind Vielteilchen-Quantensysteme, die zu komplex sind, um sie mit Hilfe der Quantenmechanik exakt ab initio zu berechnen. Die Forschung muss sich daher mit mehr oder weniger befriedigenden Näherungsmethoden behelfen. Die Lösung wäre Richard Feynmans Vision sogenannter Quantensimulatoren. Was ist das und wie ist der Entwicklungsstand?
Ich denke, Quantensimulatoren sind zeitgemäß. Wenn wir uns die gegenwärtige Forschung auf dem Gebiet der Quantencomputer ansehen, dann widmet sich ihnen ein Gutteil davon. Dabei geht es vor allem um Materialien. Es ist schon erstaunlich, dass wir heute ein Flugzeug auf dem Computer konstruieren und simulieren können – und es fliegt prima. Aber wenn ich Ihnen hundert Elektronen gebe und Sie frage, was damit in einem Kabel passiert, können Sie das nicht vorhersagen. Das Lustige daran ist, dass ein Flugzeug zig Billionen von Elektronen besitzt! Und doch wissen wir nicht, wie wir dieses fundamentale Elektronenproblem lösen können. Weil Elektronen sich quantenmechanisch verhalten, haben wir ein Problem, das wir selbst mit unseren mächtigsten Computern nicht lösen können.
Einige dieser Quanten-Vielteilchenprobleme könnten wir aber mit einem speziellen Quantencomputer lösen. Das war die Vision von Feynman. Er sagte im Prinzip, dass es idiotisch sei, solche Probleme mit klassischen Computern lösen zu wollen. Man müsse dazu die Quantenphysik benutzen. Seit Jahren ist klar, dass Quantencomputer solche Aufgaben lösen könnten, ganz besonders, wenn es um das Zeitverhalten, die Dynamik, von Quantensystemen geht.
Was unterscheidet Quantensimulatoren von Quantencomputern?
Quantencomputer sollen frei programmierbar sein, Quantensimulatoren simulieren das Verhalten eines bestimmten Quantensystems mit einem anderen, das dazu geeignet ist. Sie sind also einfacher zu bauen. Das ist wie früher, als man Flugzeuge noch nicht am Computer simulieren konnte. Damals bauten die Ingenieure kleine Modelle und testeten sie im Windkanal. Es geht also darum, ein Kontrollsystem zu bauen, das sich wie das originale System verhält.
Das vollständige, von Phiuz-Redakteur Roland Wengenmayr geführte Interview, ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen. Sie finden es hier zum Download (bis einschließlich 1.4.2016 frei, danach nur noch mit Online-Abo).