20.12.2012

Quantencomputing light

Bosonen-Sampling nutzt effiziente optische Techniken und kann bestimmte Aufgaben eines vollwertigen Quantencomputers ersetzen.

Quantencomputer könnten viele Aufgaben schneller erledigen als herkömmliche Rechner. So sind sie etwa bei der Ver- und Entschlüsselung einer klassisch arbeitenden Architektur haushoch überlegen, da sie eine Zerlegung in Primzahlfaktoren sehr zügig durchführen können. konventionelle Rechenmaschinen hingegen benötigen zur Bewältigung solcher kryptografischer Aufgaben eine exponentiell ansteigende Zeit. Vollwertige Quantencomputer sind jedoch schwierig zu bauen, da mit steigender Zahl von Quantenbits die Dekohärenzeffekte deutlich zunehmen und sie sich schwer korrigieren lassen. Bislang konnte man deshalb nur mit wenigen verschränkten Qubits Rechenexperimente durchführen.

Abb.: Der acht Zentimeter lange photonische Chip dient als 4-Photonen-Quanten-Boson-Sampling-Machine. Die Fiberglasanschlüsse sind links und rechts an den Endseiten angeklebt. Für das Experiment wurde der rote Laser durch einzelne Photonen ersetzt. (Bild: J. C. Gates)

Abhilfe könnten hier verschiedene Quantensysteme schaffen, die einen vollwertigen Quantencomputer zwar nicht ersetzen können, die aber die besonderen Fähigkeiten des Rechnens mit verschränkten Zuständen für spezielle Aufgaben einbringen. Bei diesen auf spezifische Algorithmen zugeschnittenen Systemen gab es in den letzten Jahren eine rasche Entwicklung mit Techniken wie dem deterministischen Ein-Qubit-Computing, zeitlich unstrukturiertem Quantencomputing und Permutations-Quantencomputing.

Ein Verfahren, das sich nun in zwei Studien als aussichtsreich erwiesen hat, ist das sogenannte Quanten-Boson-Sampling. Hier werden die Ein- und Ausgangswerte ununterscheidbarer Quantenobjekte verglichen, nachdem sie eine unitäre Transformation – etwa infolge von Polarisations- und Phasenänderungen in einem photonischen Chip – durchgemacht haben. Ein solcher Boson-Sampling-Computer ist nicht nur einfacher zu bauen als ein Quantencomputer, sondern hat sich in beiden Experimenten auch als robust gegenüber unperfekten Bedingungen erwiesen. Dies ist aber auch notwendig, da derzeit keine Protokolle für Fehlerkorrekturen bei Boson-Sampling-Geräten bekannt sind.

Da diese Geräte keine quantenlogischen Operationen ausführen, sind sie wohl auch leichter auf größeren Skalen zu realisieren. Sie benötigen lediglich eine gute Photonenquelle zur Erzeugung ununterscheidbarer Photonen, eine lediglich lineare Zustandsentwicklung mit geringer Dekohärenz sowie Detektoren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einzelne Photonen ansprechen. Beide Forschergruppen nutzten Titan-Saphir-Laser mit Pulslängen von 100 Femtosekunden und Wellenlängen knapp über 800 Nanometern. Sie verdoppelten die Frequenz in nichtlinearen Kristallen und erzeugten dann identische Photonen über parametrische Downconversion.

Abb.: Bei der Herstellung eines photonischen Chips, aus dem die Bosonen-Sampling-Experimente durchgeführt wurden. UV-Laser erzeugen in einer dotierten Silika-Schicht lokal erhöhte Brechungsindizes. (Bild: J. C. Gates)

Im ersten Experiment haben englische Forscher versucht, über Boson-Sampling die Permanente einer Matrix zu bestimmen. Diese Kalkulation gehört zu den sogenannten #P-vollständigen Problemen, deren informationstheoretische Komplexität noch über den NP-vollständigen Berechnungen liegt und deshalb als harte Probleme gelten. Die Permanente ist sozusagen das bosonische Gegenstück zur fermionischen Slater-Variante, wie sie bei Näherungslösungen der Schrödinger-Gleichung eingesetzt wird. Die Permanente gibt die Wellenfunktion identischer Bosonen wieder, die sich im Gegensatz zu Fermionen symmetrisch gegenüber Teilchenaustausch verhalten.

Die Forscher speisten drei oder vier Photonen in einen photonischen Chip ein und verglichen die registrierte Verteilung nach 160 Stunden Messzeit mit den theoretisch zu erwartenden Werten. Sie stießen insgesamt auf eine gute Übereinstimmung, wobei sich in einigen Kanälen die Transmissionsverluste und die nicht perfekte Nachweiseffizienz bemerkbar machten.

Das zweite Experiment war ähnlich aufgebaut. Australische Forscher verglichen ebenfalls die klassisch berechneten Erwartungen mit dem experimentellen Ergebnis, das sie mit bis zu drei identischen Photonen erzeugten. Den Nachweis, dass sich die erzeugten Photonen nicht unterscheiden ließen, führten sie durch Zeitverzögerungsschleifen. Sobald die Lichtteilchen zeitlich weit genug voneinander getrennt waren, um unterscheidbar zu werden, änderte sich die Statistik entsprechend. Auch diese Arbeitsgruppe konnte bestätigen, dass die Amplituden der Photonenstreuung durch die Permanenten der zur Transformation gehörenden Matrizen gegeben sind.

Damit rücken Anwendungen durch Quanten-Boson-Sampling in greifbare Nähe. Die Forscher erwarten, dass sich bereits bei einer Photonenzahl von 20 bis 30 der Geschwindigkeitsvorteil solcher Quantensysteme gegenüber der Berechnung mit klassisch arbeitenden Computern deutlich bemerkbar macht. Noch sind solche Geräte jenseits der technischen Möglichkeiten. Wenn man sich aber die stürmische Entwicklung auf dem Gebiet aber vor Augen führt, könnten schon in nicht allzu ferner Zukunft Quantencomputing-Implementierungen auftauchen, die ihre klassischen Gegenstücke alt aussehen lassen.

Dirk Eidemüller

OD

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