Quantenlicht aus dem Chip
Elektrisch angeregte, laserintegrierte Lichtquelle für frequenzverschränkte Quantenzustände.
Ein internationales Team von Forschenden der Leibniz Universität Hannover, der Universität Twente und des Startup-Unternehmens QuiX Quantum haben erstmals eine vollständig auf einem Chip integrierte verschränkte Quantenlichtquelle präsentiert. „Es ist uns gelungen, die Größe der Lichtquelle um einen Faktor von mehr als 1.000 zu verkleinern, was Reproduzierbarkeit, verbesserte Stabilität der Lichtquelle und Skalierbarkeit erlaubt. Diese Charakteristiken ermöglichen den Einsatz der Quellen in praktischen Anwendungen wie zum Beispiel photonischen Quantenprozessoren“, sagt Michael Kues, Leiter des Instituts für Photonik und Vorstandsmitglied des Exzellenzclusters PhoenixD der Leibniz Universität Hannover.
Für die Verarbeitung von Quantenbits hat sich die integrierte Photonik in den vergangenen Jahren zur führenden Plattform entwickelt. Dabei wird Licht durch extrem kompakte Strukturen auf den Chip geleitet, was für den Aufbau von photonischen Quantenrechensystemen genutzt wird. Diese sind heute schon cloud-basiert zugänglich. Skalierbar aufgebaut sollen diese Aufgaben lösen, an denen konventionelle Rechner aufgrund ihrer beschränkten Rechenkapazitäten scheitern. „Bislang benötigten Quantenlichtquellen externe, sperrige Lasersysteme, welche deren Feldeinsatz einschränkte. Diesen Nachteil der Technologie haben wir mit unserem neuartigen Chip-Design und durch die Nutzung verschiedener integrierter Plattformen überwunden“, sagt Hatam Mahmudlu, Doktorand in Kues‘ Team.
Ihre Neuentwicklung, eine elektrisch angeregte, laserintegrierte photonische Quantenlichtquelle, ist in einen einzelnen Chip integriert und kann frequenzverschränkte Qudit-Zustände emittieren. „Quantenzustände sind sehr anfällig für Rauschen. Deswegen muss der Chip von einem Laserfeld angetrieben werden, das mittels eines integrierten Filters fast völlig rauschfrei ist. Bislang war es unmöglich, Laser, Filter und Resonator auf demselben Chip zu integrieren, da sich kein Material alleinig für die Herstellung dieser verschiedenen Komponenten eignete“, sagt Raktim Haldar, Humboldt-Stipendiat in Kues' Gruppe. Die Forschenden setzten deswegen auf eine hybride Integration, die eine optische Verstärkungszone aus Indiumphosphid und einen Filter aus Siliziumnitrid auf einem einzigen Chip zusammenführt.
Doktorand Robert Johanning erklärt das Funktionsprinzip wie folgt: „Drei Ringresonatoren unterschiedlicher Größe wirken als Vernier Filter, indem nur gemeinsame Resonanzen den Resonator passieren können. In einem der Resonatoren nutzen wir den nichtlinearen Effekt des spontanen Vier-Wellen-Mischens, bei dem zwei Photonen aus dem Laser vernichtet werden und gleichzeitig zwei neue Photonen erzeugt werden.“ Die emittierten Photonen weisen zwei Eigenschaften auf, die der Quantenmechanik eigen sind: Bis zum Messprozess können sie gleichzeitig verschiedene Farben haben (Superposition) und sie sind verschränkt. „Wir erreichen bemerkenswerte Effizienzen und Zustandsqualitäten, um in Quantencomputern oder dem Quanteninternet Anwendung zu finden“, sagt Kues.
„Jetzt können wir den Laser zusammen mit anderen Komponenten auf einem Chip integrieren, so dass die gesamte Quantenquelle kleiner als eine Ein-Euro-Münze ist. Unser winziges Gerät könnte als ein Schritt in Richtung eines Quantenvorteils auf einem Chip mit Photonen betrachtet werden. Im Gegensatz zu Google, das derzeit superkalte Qubits in kryogenen Systemen verwendet, könnte der Quantenvorteil mit solchen photonischen Systemen auf einem Chip sogar bei Raumtemperatur erreicht werden“, sagt Haldar. Außerdem erwarten die Wissenschaftler, dass ihre Entdeckung dazu beitragen wird, die Produktionskosten von Anwendungen zu senken.
LUH / JOL