Quantenlimitierte Messmethode für Nanosensoren
MPQ-Wissenschaftlern gelingt es, optische Methoden auf nanomechanische Objekte anzuwenden
Wissenschaftlerteam am Max-Planck-Institut für Quantenoptik gelingt es, optische Methoden auf nanomechanische Objekte anzuwenden.
Neue Fertigungstechniken ermöglichen es, mechanische Bauelemente auf Siliziumchips herzustellen, die nur noch Nanometer groß sind. Ihre Anwendung ist allerdings noch dadurch eingeschränkt, dass keine ausreichend genauen Messverfahren für diese winzigen Bauteile zur Verfügung stehen. Einen grundsätzlich neuen Ansatz hat jetzt ein Team um Tobias Kippenberg (Leiter der Nachwuchsgruppe "Laboratory of Photonics and Quantum Measurements" am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching) und Jörg Kotthaus (LMU München) am MPQ erfolgreich getestet. Eine Schlüsselrolle darin spielen auf Siliziumchips gewachsene Glaszylinder mit einem Durchmesser von ca. 50 Mikrometern, die in ihrem Innern Licht für geraume Zeit speichern können. Wie die Wissenschaftler zeigten, können Nanooszillatoren mit dem aus dem Toroid dringenden optischen Nahfeld sowohl ausgelesen als auch zu Schwingungen angeregt werden. Die Genauigkeit dieser Messungen ist nur durch die Quantenfluktuationen des Lichts limitiert. Bereits bei Raumtemperatur werden deshalb Empfindlichkeiten erreicht, die in der Größenodnung des quantenmechanischen Grundzustandsrauschens der Oszillatoren sind, d.h. dem Standard-Quantenlimit entsprechen. Die neue Messmethode ist somit für die Grundlagenforschung von großem Interesse. Aber auch Anwendungen wie der Nachweis einzelner Atome bzw. Ladungen oder auch die Massenspektrometrie können von den Messungen profitieren.
Abb.: Schema des Experiments: Die Nanosaiten (gelb) treten in Wechselwirkung mit dem optischen Nahfeld, das aus dem Toroid-Glasresonator (violett) dringt. Nähert man eine einzelne Saite dem Mikroresonator an, so verringert sich dessen optische Resonanzfrequenz exponentiell. (Bild: MPQ)
Nanomechanische Oszillatoren sind ideale Kandidaten, um die Quantengrenzen mechanischer Schwingungen experimentell zu testen. Darüber hinaus sind sie die Grundlage für eine Reihe von Präzisionsmessungen und ein fester Bestandteil in Magnetkraft- und Rasterkraftmikroskopen. In den vergangenen 10 Jahren wurde der Entwicklung empfindlicher Auslesetechniken für immer kleinere und dadurch sensitivere Oszillatoren eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt. Optische Methoden erreichten hierbei die besten Werte, waren aber auf Objekte größer als die Wellenlänge beschränkt. Für nanoskalige Objekte anwendbare, elektronische Methoden erreichten bisher nur eingeschränkte Präzision.
Die MPQ und LMU-Physiker haben jetzt erstmals erfolgreich optische Methoden auf nanoskalige Oszillatoren angewandt. Dies ist so ohne weiteres nicht möglich, da es, sobald die Objekte kleiner als die Wellenlänge des Lichtes sind, zu Beugungsverlusten kommt. Im vorliegenden Experiment wird dieses Problem dadurch umgangen, dass im optischen Nahfeld gearbeitet wird. Schlüsselbaustein ist ein zylindrischer Resonator aus Glas mit einem Durchmesser von ca. 50 Mikrometern. Dieses Mikrotoroid kann Licht speichern, wenn dessen Wellenlänge hineinpasst, d.h. in einem ganzzahligen Verhältnis zum optischen Umfang des Resonators steht. Ein kleiner Teil des gespeicherten Lichts, das sogenannte Nahfeld, "leckt" aus dem Resonator heraus und dient als Messsonde für die Nanooszillatoren (s. Abbildung) - eine Anordnung parallel gespannter Siliziumnitrid- Saiten, die typischerweise 100 Nanometer mal 500 Nanometer dick und 15 bis 40 Mikrometer lang sind. (Nanosaiten und Mikrotoroide wurden in den Reinräumen von Kotthaus an der LMU und an der ETH Lausanne hergestellt.)
Bringt man die Nanoszillatoren in das Nahfeld, das sich einige Hundert Nanometer weit von der Oberfläche der Toroide erstreckt, so können sie mit dem Mikrotoroid wechselwirken. Die Nanooszillatoren wirken dabei auf das optische Nahfeld wie ein Dielektrikum, d.h. sie verändern lokal den Brechungsindex. Dies führt wiederum zu einer Verschiebung des optischen Umfangs und damit der Resonanzfrequenzen des Mikrotoroids.
Die Verschiebung der optischen Resonanzen durch die Nanooszillatoren ist hierbei so groß, dass allein deren Brownsche Bewegung einen starken, deutlich messbaren Einfluss hat und die Bewegung der Saiten mit hoher Empfindlichkeit gemessen werden kann. Die dabei erreichte Empfindlichkeit für Abstandsänderungen ist von der gleichen Größenordnung wie die quantenmechanisch bedingten Fluktuationen, die man für nanomechanische Oszillatoren beim absoluten Temperaturnullpunkt erwartet und welche dem sogenannten Standard-Quantenlimit für Abstandsmessungen entsprechen.
Die hohe Empfindlichkeit auf die Bewegung nanoskaliger Objekte sei allerdings nur ein Aspekt des neuen Verfahrens, betont Georg Anetsberger, der in der Gruppe von Kippenberg promoviert. Ebenso wichtig sei der erstmalige Nachweis, dass auch nanoskalige Objekte durch die Kraft von Photonen, den Strahlungsdruck, direkt beeinflusst, z.B. gekühlt in Schwingung versetzt werden können. "Wir beobachten, dass die Dipolkraft des optischen Nahfelds zu einer dynamischen Rückwirkung führt, welche die Nanosaiten zu kohärenten laserähnlichen Schwingungen anregt," erklärt Anetsberger.
Die hier verwendete Methode lässt sich praktisch auf alle nanoskaligen mechanischen Oszillatoren anwenden, was deren Einsatz als hochempfindliche Sensoren, weiter verbessern könnte. Für Kippenberg zeigt sich daran wieder einmal die Vielseitigkeit der Mikrotoroide, die seit einigen Jahren im Zentrum seiner Forschung stehen. "Wir haben hier eine experimentelle Plattform entwickelt, die die Anwendungsmöglichkeiten nanomechanischer Bauelemente deutlich erweitern könnte. Zudem bietet sie eine Schnittstelle, an der Photonen und Phononen so optimiert miteinander wechselwirken, dass quantenmechanische Effekte bei Raumtemperatur messbar werden könnten."
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
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