Quantenmechanik im Erdkern
Überraschende Eigenschaften des Metalls Nickel könnten Entstehung des Erdmagnetfelds erklären.
Ohne Magnetfeld sähe das Leben auf der Erde ziemlich ungemütlich aus: Energiereiche kosmische Teilchen würden in großer Menge die Atmosphäre durchdringen und in den Zellen aller Lebewesen Schäden verursachen. In technischen Systemen würden sich Fehlfunktionen häufen, in Einzelfällen können elektronische Bauteile auch komplett zerstört werden. Ungeachtet seiner hohen Bedeutung für das Leben auf der Erde ist bislang noch nicht im Detail geklärt, wie das Magnetfeld entsteht. Zwar existieren diverse Theorien über seinen Ursprung; diese sind aus Sicht vieler Experten allerdings nur unzureichend oder fehlerhaft. Einen neuen Ansatz für eine mögliche Erklärung liefert eine Entdeckung von Forschern der Uni Würzburg. Demnach könnte der Schlüssel für den Effekt in der besonderen Struktur des Elements Nickel verborgen sein.
Abb.: Die unterschiedliche räumliche Anordnung der Atome im Eisen- und im Nickelgitter ist für das unterschiedliche physikalische Verhalten unter extremen Bedingungen verantwortlich. Das bunte Bild zeigt die elektronische Dispersion von Nickel in der Region, die für dieses Verhalten verantwortlich ist. (Bild: M. Karolak, U. Würzburg)
„Die gängigen Modelle für das Erdmagnetfeld arbeiten mit Werten für die elektrische und die thermische Leitfähigkeit der Metalle im Erdinneren, die mit der Realität nicht übereinstimmen können“, sagt Giorgio Sangiovanni von der Uni Würzburg. Eine Temperatur von 6300 Grad Celsius und ein Druck von etwa 3,5 Millionen Bar herrschen am Erdmittelpunkt. Die vorherrschenden Elemente, Eisen und Nickel bilden unter diesen Umständen eine feste Metallkugel, den inneren Erdkern. Um diese Kugel herum befindet sich der äußere Erdkern, wobei Eisen und Nickel dort zähflüssig sind. In dieser elektrisch leitenden Flüssigkeit können sich in der Eisenschmelze durch Fließbewegungen elektrische Ströme verstärken und Magnetfelder ausbilden – so jedenfalls die gängige Geodynamo-
„Der Grund dafür ist, dass Eisen sich zwar bei Raumtemperatur wegen seiner großen effektiven Elektron-
Nickel verhält sich anders. „Wir haben bei Nickel eine deutliche Anomalie bei sehr hohen Temperaturen entdeckt“, sagt der Forscher. „Nickel ist auch ein stark korreliertes Metall. Die Ursache dafür ist nicht wie bei Eisen die Elektron-
„Bei Raumtemperatur ordnen sich Eisenatome so an, dass die jeweiligen Atome an den Ecken eines gedachten Würfels sitzen mit einem zentralen Atom in der Würfelmitte, in einer bcc-Gitterstruktur“, erklärt Andreas Hausoel von der Uni Würzburg. Steigen Temperatur und Druck, verändert sich diese Struktur allerdings: Die Atome rücken enger aneinander und bilden ein hexagonales Gitter, wodurch Eisen seine korrelierten Eigenschaften größtenteils verliert.
Anders aber Nickel. „Bei diesem Metall sitzen die Atome schon im Normalzustand so dicht gepackt in der Würfelstruktur wie möglich. Sie verändern diese Anordnung auch dann nicht, wenn Temperatur und Druck sehr groß werden“, so Hausoel. Nur das Zusammenspiel dieser geometrischen Stabilität und der Geometrie entstammenden elektronischen Korrelationen machen das ungewöhnliche physikalische Verhalten von Nickel unter extremen Bedingungen erklärbar. Obwohl bisher von Geophysikern vernachlässigt, scheint also Nickel eine wichtige Rolle für das Erdmagnetfeld zu spielen.
JMU / RK