13.07.2017

Quantenmechanik im Erdkern

Überraschende Eigenschaften des Metalls Nickel könnten Ent­stehung des Erd­magnet­felds erklären.

Ohne Magnetfeld sähe das Leben auf der Erde ziemlich ungemüt­lich aus: Energie­reiche kosmische Teil­chen würden in großer Menge die Atmo­sphäre durch­dringen und in den Zellen aller Lebe­wesen Schäden verur­sachen. In tech­nischen Systemen würden sich Fehl­funk­tionen häufen, in Einzel­fällen können elek­tro­nische Bau­teile auch komplett zerstört werden. Unge­achtet seiner hohen Bedeu­tung für das Leben auf der Erde ist bislang noch nicht im Detail geklärt, wie das Magnet­feld entsteht. Zwar exis­tieren diverse Theorien über seinen Ursprung; diese sind aus Sicht vieler Experten aller­dings nur unzu­reichend oder fehler­haft. Einen neuen Ansatz für eine mögliche Erklä­rung liefert eine Ent­deckung von Forschern der Uni Würz­burg. Demnach könnte der Schlüssel für den Effekt in der beson­deren Struktur des Elements Nickel verborgen sein.

Abb.: Die unterschiedliche räumliche Anord­nung der Atome im Eisen- und im Nickel­gitter ist für das unter­schied­liche physi­ka­lische Verhalten unter extremen Bedin­gungen ver­ant­wort­lich. Das bunte Bild zeigt die elek­tro­nische Disper­sion von Nickel in der Region, die für dieses Ver­halten ver­ant­wort­lich ist. (Bild: M. Karolak, U. Würzburg)

„Die gängigen Modelle für das Erdmagnetfeld arbeiten mit Werten für die elek­trische und die ther­mische Leit­fähig­keit der Metalle im Erd­inneren, die mit der Realität nicht über­ein­stimmen können“, sagt Giorgio Sangio­vanni von der Uni Würz­burg. Eine Tempe­ratur von 6300 Grad Celsius und ein Druck von etwa 3,5 Milli­onen Bar herrschen am Erd­mittel­punkt. Die vorherr­schenden Elemente, Eisen und Nickel bilden unter diesen Umständen eine feste Metall­kugel, den inneren Erd­kern. Um diese Kugel herum befindet sich der äußere Erd­kern, wobei Eisen und Nickel dort zäh­flüssig sind. In dieser elek­trisch leitenden Flüssig­keit können sich in der Eisen­schmelze durch Fließ­bewe­gungen elek­trische Ströme ver­stärken und Magnet­felder aus­bilden – so jeden­falls die gängige Geo­dynamo-Theorie. „Diese ist aber nicht wider­spruchs­frei“, sagt Sangio­vanni.

„Der Grund dafür ist, dass Eisen sich zwar bei Raumtemperatur wegen seiner großen effek­tiven Elek­tron-Elek­tron-Wechsel­wirkung deut­lich von gewöhn­lichen Metallen, wie beispiels­weise Kupfer oder Gold, unter­scheidet. Es ist stark korre­liert“, sagt er. Die Effekte der elek­tro­nischen Korre­lation werden aber bei den extremen Tempera­turen des Erd­kerns deut­lich geschwächt, und konven­tionelle Theorien sind anwend­bar. Diese Theorien sagen dann für Eisen eine viel zu große ther­mische Leit­fähig­keit voraus, mit der der Geo­dynamo nicht funk­tio­nieren würde.

Nickel verhält sich anders. „Wir haben bei Nickel eine deutliche Ano­malie bei sehr hohen Tempera­turen ent­deckt“, sagt der Forscher. „Nickel ist auch ein stark korre­liertes Metall. Die Ursache dafür ist nicht wie bei Eisen die Elektron-Elektron-Wechsel­wirkung alleine, sondern liegt haupt­säch­lich in der beson­deren Band­struktur von Nickel. Wir geben dem Effekt den Namen Band­struktur-indu­zierte Korre­lation.“ Die Band­struktur eines Fest­körpers ist nur von der geome­trischen Anord­nung der Atome im Gitter und der Atom­sorte vor­ge­geben.


„Bei Raumtemperatur ordnen sich Eisenatome so an, dass die jeweiligen Atome an den Ecken eines gedachten Würfels sitzen mit einem zentralen Atom in der Würfel­mitte, in einer bcc-Gitter­struktur“, erklärt Andreas Hausoel von der Uni Würz­burg. Steigen Tempe­ratur und Druck, ver­än­dert sich diese Struktur aller­dings: Die Atome rücken enger anein­ander und bilden ein hexa­go­nales Gitter, wodurch Eisen seine korre­lierten Eigen­schaften größten­teils verliert.

Anders aber Nickel. „Bei diesem Metall sitzen die Atome schon im Normal­zustand so dicht gepackt in der Würfel­struktur wie möglich. Sie ver­ändern diese Anord­nung auch dann nicht, wenn Tempe­ratur und Druck sehr groß werden“, so Hausoel. Nur das Zusammen­spiel dieser geome­trischen Stabi­lität und der Geo­metrie entstam­menden elek­tro­nischen Korre­lationen machen das unge­wöhn­liche physika­lische Ver­halten von Nickel unter extremen Bedin­gungen erklär­bar. Obwohl bisher von Geo­physikern ver­nach­lässigt, scheint also Nickel eine wichtige Rolle für das Erd­magnet­feld zu spielen.

JMU / RK

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