26.10.2018

Quantenpunkt mit Vorzugsrichtung

Starker Purcell-Effekt erleichtert Einspeisung von Quanteninformationen in Lichtleiter.

Mal angenommen, man dürfte einem Fußballspieler die Augen verbinden, ihn mehrmals um die eigene Achse drehen und im Anschluss bitten, im Blind­flug einen Schuss zu wagen. Dass dieser ins Tor ginge, wäre wohl aus­gesprochen unwahrscheinlich. Mit einem Trick haben es Bonner Physiker dennoch geschafft, in einer ähnlichen Situation eine neunzig-prozentige Treffer­quote zu erzielen. Aller­dings war ihr Spieler knapp zehn Milliarden mal kleiner als ein Mensch – und dazu erheblich unberechen­barer.

Abb.: Die vier Linsen umgeben den Resonator und dienen zur Fokussierung der Laser­strahlen, die das Atom im Resonator festhalten, sowie zur Beobachtung des Atoms. (Bild: M. Martinez-Dorantes / U. Bonn)

Es handelte sich um ein Rubidium-Atom, das die Forscher mit Laser­licht bestrahlt hatten. Das Atom hatte dabei Strahlungs­energie absorbiert und war in einen angeregten Zustand über­gegangen. Dieser hat eine definierte Lebens­dauer. Danach gibt das Atom die aufgenommene Energie wieder ab, indem es ein Licht­teilchen aussendet: ein Photon. In welche Richtung dieses Photon fliegt, ist rein zufällig. Das ändert sich jedoch, wenn man das Rubidium zwischen zwei parallel zueinander angebrachte Spiegel verfrachtet. Denn dann schießt das Atom vorzugs­weise auf einen der Spiegel.

Dieses Phänomen wird Purcell-Effekt genannt. Dass es ihn gibt, wurde bereits vor einigen Jahr­zehnten nachgewiesen. „Wir haben ihn nun für die ziel­gerichtete Emission von Photonen durch ein neutrales Atom genutzt“, erklärt Wolfgang Alt vom Institut für angewandte Physik der Universität Bonn.

Das Interesse am Purcell-Effekt ist groß – unter anderem deshalb, weil er den Bau von Quanten-Repeatern möglich macht. Diese benötigt man, um Quanten­informationen über weite Strecken zu übertragen. Denn man kann zwar ein Photon in einen bestimmten Quanten­zustand versetzen und durch einen Licht­leiter versenden. Das geht aber nur über gewisse Distanzen; dann muss man das Signal zwischen­speichern.

Das geschieht im Quanten-Repeater: Dort wird das Photon beispiels­weise zu einem Atom geleitet, das es verschluckt und dadurch in einen anderen Zustand über­geht. Auf einen Lese­puls mit einem Laser­strahl hin spuckt das Atom das Licht­teilchen wieder aus. Die gespeicherte Quanten­information bleibt dabei erhalten.

Das abgegebene Photon muss nun aufgefangen und wieder in einen Licht­leiter eingespeist werden. Das ist aber schwierig, wenn es in einer zufälligen Richtung abgegeben wird. „Uns ist es gelungen, die Photonen durch den Purcell-Effekt auf die Bahn zwischen den beiden Spiegeln zu zwingen“, erklärt Alt. „Wir haben nun einen der Spiegel teil­weise durch­lässig gemacht und dort eine Glas­faser angeschlossen. Dadurch konnten wir das Photon relativ effizient in diese Faser einleiten.“

Der Purcell-Effekt hat zudem noch einen weiteren Vorteil: Er verkürzt den Zeit­raum, den das Rubidium-Atom benötigt, um die Quanten­information zu speichern und wieder abzugeben. Dieser Geschwindig­keits­gewinn ist ausgesprochen wichtig: Nur wenn der Repeater schnell genug arbeitet, kann er mit dem Sender der Information kommunizieren – einem Quanten­punkt. Quanten­punkte gelten heute als die wohl beste Quelle für einzelne Photonen, mit denen sich Quanten­informationen übertragen lassen. „Unsere Experimente bringen diese wichtige Zukunfts­technologie einen Schritt weiter“, meint Alt.

RUB / DE

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