27.12.2021

Quantenpunkte auf der Schaukel

Mehrfache Anregung von Quantenpunkten ist ein interessanter Weg zu praktischen Einzelphotonenquellen.

Nach der „ersten Quantenrevolution“ – der Entwicklung von Geräten wie Laser und Atomuhr – ist derzeit die „zweite Quanten­revolution“ im vollen Gange: Experten aus aller Welt entwickeln grundlegend neue Technologien, die auf der Quanten­physik beruhen. Eine Schlüssel­anwendung ist die Quanten­kommunikation, bei der Informationen in Licht geschrieben und verschickt werden. Für viele Anwendungen von Quanten­effekten muss das Licht in einem bestimmten Zustand sein, nämlich in einem Einzel­photonen­zustand.

 

Abb.: In der Quanten­kommunikation werden Photonen erzeugt und über ein...
Abb.: In der Quanten­kommunikation werden Photonen erzeugt und über ein optisches Kabel an ein Detektor­system verschickt. (Bild: PTB / T. Heindel, TU Berlin)

Aber wie erzeugt man solche Einzel­photonen­zustände am besten? Forscher aus Münster, Bayreuth und Berlin schlagen jetzt einen neuen Weg vor, ein Quantensystem zu präparieren, um Bauteile für die Quanten­technologie zu entwickeln.

Ein bekanntes Beispiel, um Einzel­photonen­zustände zu erzeugen, ist ein Quantenpunkt. Dabei handelt es sich um eine Halbleiter-Struktur, die nur wenige Nanometer groß ist. Mit Hilfe von Lasern kann man Quanten­punkte ansteuern. Zwar haben Quanten­punkte ähnliche Eigenschaften wie Atome, aber sie sind in einem Kristall vorhanden, was für Anwendungen oft praktischer ist. „Quantenpunkte sind hervorragend für die Erzeugung einzelner Photonen geeignet, und das machen wir in unserem Labor auch schon beinahe täglich. Aber man kann daran noch viel verbessern, gerade wenn man diese Technologie aus dem Labor in die Anwendung bringen möchte“, sagt Tobias Heindel, Leiter eines Experimentallabors für die Quanten­kommunikation an der TU Berlin.

Eine Schwierigkeit, die man überwinden muss, ist die Trennung der erzeugten Einzel­photonen von dem anregenden Licht des Lasers. In ihrer Arbeit schlagen die Forscher eine ganz neue Methode vor, um dieses Problem zu lösen. „Die Anregung nutzt einen Schaukel-Prozess in dem Quantensystem aus. Dafür nutzen wir einen oder mehrere Laserpulse, welche Frequenzen haben, die sich von denen des Systems deutlich unterscheiden. Dies macht das spektrale Filtern sehr einfach“, erklärt der Erstautor der Studie, Thomas Bracht von der Universität Münster.

Als „Schaukel-Prozess“ bezeichnen die Wissenschaftler ein besonderes Verhalten der durch das Laserlicht in dem Quantensystem angeregten Teilchen – der Elektron-Loch-Paare (Exzitonen). Dabei benutzt man Laserlicht von zwei Lasern, die nahezu gleichzeitig Lichtpulse abgeben. Durch die Wechsel­wirkung der Pulse miteinander entsteht eine schnelle Modulation. Bei jedem Modulations­zyklus wird das Teilchen immer etwas angeregt, aber auch wieder abgeregt. Dabei fällt es nicht auf den vorherigen Stand, sondern wird mit jedem „Schaukel­schwung“ stärker angeregt, bis es den maximalen Zustand erreicht. Der Vorteil dieser Methode ist, dass das Laserlicht nicht dieselbe Frequenz hat wie das Licht, das von den angeregten Teilchen abgegeben wird. Vom Quantenpunkt abgegebene Photonen können daher eindeutig zugeordnet werden.

Das Team hat diesen Prozess in dem Quantensystem simuliert und so Richtlinien zur experimentellen Realisierung gegeben. „Wir erklären auch die Physik des Schaukel-Prozesses, was uns dabei hilft, die Dynamik in Quantensystemen besser zu verstehen“, betont Junior­professorin Doris Reiter, die die Studie geleitet hat.

Um die Photonen in der Quantenkommunikation benutzen zu können, müssen sie gewisse Eigenschaften besitzen. Außerdem sollte die Kontrolle des Quantensystems nicht negativ durch die Umgebung oder Störeinflüsse beeinflusst werden. In Quanten­punkten ist besonders die Wechselwirkung mit dem umgebenden Halbleiter­material oft ein großes Problem für solche Kontroll­schemas. „Unsere numerischen Simulationen zeigen, dass die Eigenschaften der erzeugten Photonen nach dem Hochschaukeln vergleichbar sind mit den Ergebnissen etablierter Methoden zur Erzeugung von Einzel­photonen, die aber weniger praktisch arbeiten“, ergänzt Martin Axt, der das Forscher-Team aus Bayreuth leitet.

Bei der Studie handelt es sich um eine theoretische Arbeit. Durch die Zusammenarbeit zwischen theoretischen und experimentellen Gruppen ist der Vorschlag jedoch sehr nahe an realisierbaren, experimentellen Labor­bedingungen. Die Autoren sind zuversichtlich, dass eine experimentelle Umsetzung des Schemas in Kürze erfolgen wird.

U. Münster / DE

 

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