26.03.2013

Quarks mit Quanten simulieren

Modelle für die Quantensimulation der Eichsymmetrie eröffnen neue Perspektiven für die Erforschung von Quark-Gluon-Plasmen.

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschreibt die in der Physik bekannten Elementarteilchen und deren Wechselwirkungen. Die Theorie wurde auch durch die jüngsten Experimente am LHC des CERN in seiner Gültigkeit nicht erschüttert. Dennoch sind zahlreiche Aspekte dieses Modells bis heute unklar. Viele der Probleme der Elementarteilchenphysik wurden bereits in den 1970er-Jahren formuliert, konnten aber noch nicht gelöst werden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die sehr komplexen physikalischen Phänomene mit den Methoden der klassischen Simulation nicht erforscht werden können.

Abb.: (a) Materie-Eichfeld-Wechselwirkung beim korrelierten „hopping“ von Quarks und Rishons. (b) Die Determinante entspricht einem Zwei-Körper-„hopping“ beider Rishons auf der Verbindung. (Bild: D. Banerjee, Phys. Rev. Lett.)


„Hier kommt die Quantensimulation ins Spiel“, sagt Peter Zoller. „Die ungewöhnlichen Eigenschaften der Quantenmechanik erlauben es uns, in Quantensystemen bestimmte komplexe Probleme einfacher zu lösen.“ Das Team um Peter Zoller und Marcello Dalmonte vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) arbeitet daran, Teilaspekte des Standardmodells in die Sprache der Quantentheorie zu übertragen und so für eine Quantensimulation zugänglich zu machen. Im Zentrum ihres Interesses steht dabei derzeit die starke Wechselwirkung, eine der vier Grundkräfte der Physik. Sie erklärt die Bindung zwischen den Quarks, also jene Kraft, die zum Beispiel Neutronen oder Protonen im Inneren zusammenhält.

In einer aktuellen Arbeit beschreiben die Wissenschaftler nicht nur ein Modell für die Quantensimulation der Eichsymmetrie, sondern auch die einzelnen dafür notwendigen Bausteine. „Einzelne solche Bausteine könnten im Experiment durchaus bereits in einigen Jahren umgesetzt und erprobt werden“, ist Marcello Dalmonte überzeugt.

Gemeinsam mit Teilchenphysikern des Albert-Einstein-Instituts an der Universität Bern um Uwe-Jens Wiese entwickeln die Innsbrucker Physiker theoretische Modelle für die Quantensimulation der starken Wechselwirkung. „Da das Standardmodell insgesamt sehr komplex ist, beschränken wir uns zunächst auf Teilaspekte dieser Theorie, insbesondere auf die Eichsymmetrie“, sagt Marcello Dalmonte. „Diese bilden wir in vereinfachten Modellen ab und überlegen, wie wir sie für eine Quantensimulation zugänglich machen können.“ Schließlich gilt es physikalische Modelle zu finden, in denen diese Simulationen durchgeführt werden können. „Wir wollen dafür ultrakalte Atome in optischen Gittern nutzen“, sagt Marcello Dalmonte. „Auch Quantenpunkte und in Fallen gefangene Ionen kommen in Frage.“

In großen Teilchenbeschleunigern wie am CERN kollidieren Teilchen mit sehr hoher Energie, zerfallen in ihre Bestandteile und bilden ein Quark-Gluon-Plasma. Ziel der Quantentheoretiker ist es, Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, um solche Vorgänge in den Experimenten besser zu verstehen. Mit Quantensimulationen könnten aber zum Beispiel auch Mechanismen in Neutronensternen erklärt werden. Wegen der extrem hohen Dichte im Inneren solcher Sterne zerfällt die Materie dort ebenfalls in ein Quark-Gluon-Plasma. Auch hier scheitern alle Versuche der klassischen Simulation schlichtweg an der Komplexität der Aufgabe. Interessant sind die neuen Ansätze der Physiker aber auch für das Verständnis von Phänomenen in Festkörpern, wie etwa Supraleitung oder Magnetismus.

„Der Erfolg unserer Forschung besteht darin, dass wir Wissen aus verschiedenen Feldern verknüpfen“, sagt Peter Zoller. „Atomphysik und Quantenoptik haben auf experimenteller Ebene große Fortschritte gemacht. Davon können andere Felder der Physik profitieren.“ Schon früher hat das Team um Peter Zoller mit dem Brückenschlag von der Quantenoptik zur Quanteninformation und zur Festkörperphysik ganz neue Perspektiven in die Physik gebracht. In beiden Fällen sind daraus heute eigenständige, dynamische Forschungsrichtungen entstanden. Der Vorstoß in Richtung Elementarteilchenphysik könnte das Tor zu einem weiteren, vielversprechenden Forschungsfeld öffnen.

U. Innsbruck / PH

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