12.05.2017

Quasare überraschen mit großer Masse

Entdeckung stellt bisherige Theorien zum Wachstum supermasse­reicher Schwarzer Löcher infrage.

Im Herzen jeder Galaxie befindet sich ein supermasse­reiches Schwarzes Loch. Die Entstehungs- und Wachstums­geschichte dieser Schwarzen Löcher bis hin zu ihren derzei­tigen Massen von Millionen oder sogar Milliarden Sonnen­massen ist eine offene Frage der Forschung. Zumindest einige Phasen des Wachstums sind weithin sichtbar: Wenn größere Mengen an Materie in das Schwarze Loch fallen, dann sendet die Materie in unmittel­barer Nähe des Schwarzen Lochs enorme Mengen an Licht aus. Damit ist das Schwarze Loch vorüber­gehend zu einem Quasar geworden.

Abb.: Künstlerische Darstellung eines Quasars mit einem zentralen Schwarzen Loch, einer darum kreisenden heißen Akkretionsscheibe sowie zwei Jets aus schnellen Teilchen, die senkrecht zur Scheibenebene verlaufen. (Bild: J. Neidel, MPIA)

Jetzt haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Astro­nomie MPIA drei Quasare gefunden, welche die herkömm­lichen Vorstel­lungen zum Wachstum super­massereicher Schwarzer Löcher infrage stellen. Diese Quasare besitzen eine große Masse, aber sollten eigentlich keine Zeit gehabt haben, diese Masse überhaupt anzu­sammeln.

Die Entdeckung, die auf Beo­bachtungen am W. M. Keck-Obser­vatorium auf Hawaii beruht, ist Folge eines Blicks in die kosmische Vergan­genheit: Aufgrund ihrer großen Hellig­keit sind Quasare bis in große kosmische Ent­fernungen sichtbar. Die Astronomen beobach­teten Quasare, deren Licht fast 13 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war. Ihre Aufnahmen zeigen die Quasare so, wie sie weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall waren.

Die nun entdeckten Quasare haben Massen von rund einer Milliarden Sonnen­massen. Alle aktuellen Modelle für das Wachstum Schwarzer Löcher sagen voraus, dass solch eine Masse nur erreicht werden kann, wenn das Schwarze Loch für min­destens 100 Millionen Jahre Materie an sich zieht und in diesem Zeitraum als Quasar leuchtet. Diese drei Quasare hier waren aber offenbar nur über einen sehr viel kürzeren Zeitraum aktiv, nämlich weniger als 100.000 Jahre. „Das ist ein über­raschendes Ergebnis“, erklärt Christina Eilers, Doktorandin am MPIA. „Wir verstehen nicht, wie die super­massereichen Schwarzen Löcher dieser Quasare in so kurzer Zeit auf so große Massen anwachsen konnten.“

Um fest­zustellen, wie lange die beo­bachteten Quasare bereits aktiv waren, unter­suchten die Astro­nomen, wie die Quasare ihre kos­mische Umgebung beein­flussten. Ihr Augenmerk galt dabei der aufge­heizten, weitgehend durch­sichtigen Nah-Zonen um jeden der Quasare. „Mithilfe von Simu­lationen, die zeigen, wie das Licht der Quasare das umge­bende Gas aufheizt und ionisiert, können wir voraus­sagen, wie groß die Nah-Zone jedes der Quasare sein sollte“, erklärt Frederick Davies vom MPIA und Experte für die Wechsel­wirkung zwischen Quasar­licht und inter­galaktischem Gas. Sobald der Quasar durch ein­fallende Materie „ange­schaltet“ wurde, wird diese Nah-Zone rasch immer größer. „Nach 100.000 Jahren sollten die Quasare bereits ausge­dehnte Nah-Zonen besitzen.“

Über­raschender­weise hatten diese drei Quasare aller­dings aus­nehmend kleine Nah-Zonen. Die aktive Quasar-Phase kann folglich nicht vor mehr als 100.000 Jahren ange­fangen haben. „Keines der heutigen Modelle kann die Existenz dieser Objekte erklären“, sagt Joseph Hennawi, Leiter der Forscher­gruppe. „Die Ent­deckung dieser jungen Objekte stellt für die der­zeitigen Theorien zur Entstehung Schwarzer Löcher eine Heraus­forderung da. Wir brauchen neue Modelle um zu verstehen, wie Schwarze Löcher und Galaxien entstanden sind.“

Die Astro­nomen haben ihre nächsten Schritte bereits geplant. „Wir möchten noch weitere solche jungen Quasare finden. Unsere drei ungewöhn­lichen Quasare könnten im Prinzip Ausnahme­fälle sein. Weitere Beispiele würden zeigen, dass ein signi­fikanter Anteil der bekannten Quasare jünger ist als gedacht“, sagt Christina Eilers. Die Forscher haben bereits Beo­bachtungs­zeit für eine Reihe weiterer Kandi­daten beantragt. Die Ergebnisse sollten wichtige Prüf­steine für neue Modelle der Entstehung der ersten supermasse­reichen Schwarzen Löcher im Uni­versum liefern und damit auch besser verstehen helfen, wie die gigan­tischen super­masse­reichen Schwarzen Löcher in heutigen Galaxien im Laufe der kos­mischen Geschichte entstanden sind.

MPIA / JOL

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