Quasare überraschen mit großer Masse
Entdeckung stellt bisherige Theorien zum Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher infrage.
Im Herzen jeder Galaxie befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch. Die Entstehungs- und Wachstumsgeschichte dieser Schwarzen Löcher bis hin zu ihren derzeitigen Massen von Millionen oder sogar Milliarden Sonnenmassen ist eine offene Frage der Forschung. Zumindest einige Phasen des Wachstums sind weithin sichtbar: Wenn größere Mengen an Materie in das Schwarze Loch fallen, dann sendet die Materie in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs enorme Mengen an Licht aus. Damit ist das Schwarze Loch vorübergehend zu einem Quasar geworden.
Abb.: Künstlerische Darstellung eines Quasars mit einem zentralen Schwarzen Loch, einer darum kreisenden heißen Akkretionsscheibe sowie zwei Jets aus schnellen Teilchen, die senkrecht zur Scheibenebene verlaufen. (Bild: J. Neidel, MPIA)
Jetzt haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Astronomie MPIA drei Quasare gefunden, welche die herkömmlichen Vorstellungen zum Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher infrage stellen. Diese Quasare besitzen eine große Masse, aber sollten eigentlich keine Zeit gehabt haben, diese Masse überhaupt anzusammeln.
Die Entdeckung, die auf Beobachtungen am W. M. Keck-Observatorium auf Hawaii beruht, ist Folge eines Blicks in die kosmische Vergangenheit: Aufgrund ihrer großen Helligkeit sind Quasare bis in große kosmische Entfernungen sichtbar. Die Astronomen beobachteten Quasare, deren Licht fast 13 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war. Ihre Aufnahmen zeigen die Quasare so, wie sie weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall waren.
Die nun entdeckten Quasare haben Massen von rund einer Milliarden Sonnenmassen. Alle aktuellen Modelle für das Wachstum Schwarzer Löcher sagen voraus, dass solch eine Masse nur erreicht werden kann, wenn das Schwarze Loch für mindestens 100 Millionen Jahre Materie an sich zieht und in diesem Zeitraum als Quasar leuchtet. Diese drei Quasare hier waren aber offenbar nur über einen sehr viel kürzeren Zeitraum aktiv, nämlich weniger als 100.000 Jahre. „Das ist ein überraschendes Ergebnis“, erklärt Christina Eilers, Doktorandin am MPIA. „Wir verstehen nicht, wie die supermassereichen Schwarzen Löcher dieser Quasare in so kurzer Zeit auf so große Massen anwachsen konnten.“
Um festzustellen, wie lange die beobachteten Quasare bereits aktiv waren, untersuchten die Astronomen, wie die Quasare ihre kosmische Umgebung beeinflussten. Ihr Augenmerk galt dabei der aufgeheizten, weitgehend durchsichtigen Nah-Zonen um jeden der Quasare. „Mithilfe von Simulationen, die zeigen, wie das Licht der Quasare das umgebende Gas aufheizt und ionisiert, können wir voraussagen, wie groß die Nah-Zone jedes der Quasare sein sollte“, erklärt Frederick Davies vom MPIA und Experte für die Wechselwirkung zwischen Quasarlicht und intergalaktischem Gas. Sobald der Quasar durch einfallende Materie „angeschaltet“ wurde, wird diese Nah-Zone rasch immer größer. „Nach 100.000 Jahren sollten die Quasare bereits ausgedehnte Nah-Zonen besitzen.“
Überraschenderweise hatten diese drei Quasare allerdings ausnehmend kleine Nah-Zonen. Die aktive Quasar-Phase kann folglich nicht vor mehr als 100.000 Jahren angefangen haben. „Keines der heutigen Modelle kann die Existenz dieser Objekte erklären“, sagt Joseph Hennawi, Leiter der Forschergruppe. „Die Entdeckung dieser jungen Objekte stellt für die derzeitigen Theorien zur Entstehung Schwarzer Löcher eine Herausforderung da. Wir brauchen neue Modelle um zu verstehen, wie Schwarze Löcher und Galaxien entstanden sind.“
Die Astronomen haben ihre nächsten Schritte bereits geplant. „Wir möchten noch weitere solche jungen Quasare finden. Unsere drei ungewöhnlichen Quasare könnten im Prinzip Ausnahmefälle sein. Weitere Beispiele würden zeigen, dass ein signifikanter Anteil der bekannten Quasare jünger ist als gedacht“, sagt Christina Eilers. Die Forscher haben bereits Beobachtungszeit für eine Reihe weiterer Kandidaten beantragt. Die Ergebnisse sollten wichtige Prüfsteine für neue Modelle der Entstehung der ersten supermassereichen Schwarzen Löcher im Universum liefern und damit auch besser verstehen helfen, wie die gigantischen supermassereichen Schwarzen Löcher in heutigen Galaxien im Laufe der kosmischen Geschichte entstanden sind.
MPIA / JOL










