08.02.2018

Qubit-System aus neutralen Atomen

Photonen vermitteln zwischen zwei in einem Resonator gefangenen Atomen.

Weltweit arbeiten Physiker an der Reali­sierung groß­räumiger Quanten­netzwerke, in denen einzelne Licht­quanten geheime Quanten­informationen sicher an weit entfernte Stationen über­mitteln. Funda­mentale Bausteine solcher Netzwerke sind Elemente wie Quanten-Repeater, die dem Verlust der Infor­mation über weite Strecken entgegen wirken, oder Quanten-Logik­gatter, die für die Verar­beitung von Quanten­information unerlässlich sind. Ein neues Konzept für ein Quanten-Gatter hat jetzt ein Team von Wissen­schaftlern um Gerhard Rempe, Direktor am Max-Planck-Institut für Quanten­optik in Garching, vorge­stellt.

Abb.: Auf einen optischen Resonator, in dem zwei Atome (rote Kügelchen) gefangen sind, treffen von rechts einzelne Photonen (hellrot). Infolge der starken Kopplung der Atome an das Lichtfeld des Resonators vermittelt das Photon eine starke Wechselwirkung zwischen den Atomen, mit deren Hilfe sich Gatter-Operationen realisieren lassen. (Bild: Abt. Quantendynamik, MPQ)

Dabei entsteht zwischen zwei in einem Reso­nator gefangenen Atomen durch von außen ein­treffende Licht­quanten eine Wechsel­wirkung, die sich für die Umsetzung charak­teristischer Gatter­funktionen wie etwa eines CNOT-Gatters oder der Erzeu­gung von Verschränkung nutzen lässt. Dieses Modell ist aus mehreren Gründen sehr attrak­tiv: die Gatter-Opera­tionen erfolgen innerhalb weniger Mikro­sekunden, was von Vorteil für die Quanten­informations­verarbeitung ist. Das Prinzip funk­tioniert auch auf anderen experimen­tellen Platt­formen. So lässt sich das Gatter als Baustein in einem Quanten-Repeater einsetzen.

Kernstück des Experi­ments ist ein asymme­trischer Hohlraum­resonator, der aus einem hochreflek­tierenden Spiegel und einem Spiegel mit einer gewissen Durch­lässigkeit gebildet wird. In seinem Zentrum befinden sich zwei elektrisch neutrale Rubidium-Atome. Jedes Atom ist Träger eines Qubits, in die eine Über­lagerung zweier stabiler Grund­zustände kodiert ist. „Einer der atomaren Grund­zustände ist in Resonanz mit dem Lichtfeld des Reso­nators. Deshalb bilden Atome und Reso­nator ein stark gekoppeltes System“, betont Stephan Welte, der an dem Experi­ment im Rahmen seiner Doktor­arbeit forscht. „Das ist die Voraus­setzung dafür, dass die Atome mit­einander sprechen können – im freien Raum wäre das nicht möglich.“

Zur Aus­führung der Gatter-Operation lässt man einzelne Photonen auf den teildurch­lässigen Spiegel fallen. Was dann passiert, hängt von den Anfangs­zuständen der Atome ab. „Wenn sich beide Atome in einem nicht-koppelnden Zustand befinden, kann das Photon in den Resonator ein­dringen und eine optische Stehwelle zwischen den Spiegeln aufbauen“, erklärt Bastian Hacker, ebenfalls Doktorand am Experiment. „Über dieses Lichtfeld können die Atome mit­einander kommu­nizieren: ist es vorhanden, dann wird die Phase der gespeicher­ten Qubits um 180 Grad gedreht.“ In allen anderen Fällen, wenn ein oder sogar beide Atome in Resonanz mit den Cavity-Moden sind, wird das Photon abge­wiesen, und der Zustand des Gesamt­systems bleibt unverändert.

Mit Hilfe dieser Effekte lassen sich zwischen den beiden Atomen elemen­tare Rechen­operationen reali­sieren. Dies belegen die Garchinger Physiker anhand von zwei charak­teristischen Gatter­funktionen. Zum einen zeigen sie, dass ihr Aufbau als typisches CNOT-Gatter arbeiten kann: dabei bestimmt der Eingangs­wert des einen Qubits, ob das andere Qubit seinen Zustand ändert oder nicht. Als Basis für ihre Unter­suchungen definieren die Physiker für ihr Zwei-Atom-System vier zueinander ortho­gonale Zustände, die sie jeweils nach der Gatter-Operation einer Messung unter­ziehen. Die aus diesen Messer­gebnissen erstellte Tabelle entspricht der Wahrheits­tabelle eines klas­sischen XOR-Gatters.

In einer weiteren Messreihe zeigen die Wissen­schaftler, dass sie mit ihrem Aufbau aus zwei anfänglich unab­hängigen Atomen einen quanten­mechanisch ver­schränkten Zustand erzeugen können. „Dazu präpa­rieren wir den Anfangs­zustand der Atome so, dass sich jedes in einer kohärenten Über­lagerung aus beiden Grund­zuständen befindet“, führt Stephan Welte aus. „Somit sind auch beide Fälle – dass das Photon in die Cavity gelangt und dass es abge­wiesen wird – quanten­mechanisch über­lagert. Infolge­dessen entsteht durch unser Gatter eine Ver­schränkung zwischen den Atomen.“

„Der Mechanismus, den wir hier verwenden, beinhaltet nur einen physika­lischen Schritt und ist damit besonders einfach und elegant. Im Gegensatz zu anderen Gatter­mechanismen spielt der Abstand der beiden Atome – bei uns zwischen zwei und zwölf Mikrometer – keine Rolle“, betont Hacker. „Das Prinzip lässt sich auch ohne weiteres auf experi­mentelle Platt­formen anwenden, in denen andere Atome, Ionen oder Festkörper-Quanten­punkte Träger der Quanten­information sind.“ Gerhard Rempe hat schon die nächsten Erwei­terungen des Systems im Visier. „Wir können uns vor­stellen, nicht nur zwei, sondern mehrere Atome in den Resonator einzu­bringen. Unser Gatter­mechanismus könnte dann auf vielen Atomen gleich­zeitig ausge­führt werden.“ In einem größeren Quanten­netzwerk könnten Multi­qubit-Knoten als kleine Quanten­computer Rechnungen ausführen, deren Ergeb­nisse auf Photonen über­tragen und an andere Knoten im Netzwerk verschickt werden.

MPQ / JOL

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