Qubits in Siliziumkarbid
Ein Festkörper könnte sich zur Entwicklung von Quantencomputern eignen, die bei Raumtemperatur arbeiten.
Eingefangen in einer Ionenfalle bilden tiefgekühlte Kaliumatome die kleinsten Einheiten eines Quantencomputers: die Qubits. Doch für die Entwicklung von nutzbaren Quantenrechnern – beispielsweise für die rasche Faktorisierung großer Zahlen oder zum Knacken von Codes – suchen Physiker nach leichter beherrsch- und kontrollierbaren Systemen. Mit winzigen Fehlstellen in Siliziumkarbid-Kristallen wurden amerikanische Wissenschaftler nun fündig.
Abb.: Siliziumkarbid-Wafer wie dieser könnten als Grundlage künftiger Quantenrechner dienen. (Bild: Nature)
„Wir suchen nach der Schönheit und Nützlichkeit im Unvollkommenen. Denn Defekte im Kristallaufbau können für die zukünftige Quantentechnologie genutzt werden", sagt David Awschalom von der University of California in Santa Barbara. Zusammen mit seinen Kollegen schaffte er es, den Spin von Fehlstellen in speziellen Siliziumkarbid-Kristallen (4H-SiC) zu messen. Dazu richteten sie einen Laserstrahl auf ihre Probe und sammelten daraufhin mit einem Detektor das Fluoreszenzlicht des optisch angeregten Kristalls ein. Sie erkannten, dass dieses Licht streng von dem Spinzustand der Fehlstelle abhing. Damit legten sie die Grundlage für einen optisch auslesbaren Qubit.
Im Detail betrachtet, verursacht die Fehlstelle im Kristallaufbau die Bildung eines komplexen Multi-Elektronen-Systems. Dieses weist einen variablen und mit bis zu 185 Mikrosekunden relativ langlebigen Spinzustand auf, der als Qubit genutzt werden kann. Der Vorteil dieses Ansatzes gegenüber der Verwendung eingefangener, kalter Atome liegt darin, dass das Qubit hier in einem Festkörper vorliegt und sich sogar bei Raumtemperatur kontrollieren lässt.
Ganz ähnliche, für Qubits geeignete Elektronensysteme konnten vorher von anderen Forschergruppen bereits an Fehlstellen in Diamanten beobachtet werden. Dennoch bietet Siliziumkarbid mehrere entscheidende Vorteile. Zum einen ist das Material günstiger und lässt sich mit den etablierten Methoden der Chiphersteller bearbeiten. Zum anderen sendet Siliziumkarbid Fluoreszenzlicht in einem Spektralbereich aus, der bereits heute für die optische Datenübermittlung genutzt wird. Eine Verknüpfung mit photonischen Systemen, die schon verfügbar sind, liegt daher nahe.
Von einem einsatzfähigen Quantencomputer sind allerdings auch Awschalom und Kollegen noch weit entfernt. Zuvor müssten Technologien entwickelt werden, um Tausende solcher Qubits anordnen und per Laserpuls kontrollieren zu können. Wenn diese Hürde jedoch überwunden werde, könnte sich Siliziumkarbid zu einem ernsthaften Kandidaten für größere Quantencomputer-Anordnungen mausern, kommentiert Andrew Dzurak von der University of New South Wales in Sydney die aktuelle Studie.
Jan Oliver Löfken
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