Qubits kühlen klassische Schwingkreise
Ein klassischer Schwingkreis lässt sich mithilfe von künstlichen makroskopischen Quantenobjekten, so genannte Qubits, abkühlen.
Jena - Eine neue Richtung in der modernen Physik eröffnen Wissenschaftler des Institutes für Photonische Technologien (IPHT): Ihnen gelang es, einen Effekt der Quantenoptik auf die Festkörperphysik zu übertragen. Ein klassischer Schwingkreis wurde mithilfe von künstlichen makroskopischen Quantenobjekten, so genannte Qubits, abgekühlt.
„Damit konnten wir experimentell bestätigen, was theoretisch schon lange vorausgesetzt wurde“, erläutert Evgeni Il'ichev aus der Abteilung Quantendetektion des IPHT. Die Ergebnisse haben er und seine Kollegen zusammen mit Wissenschaftlern aus Bratislava, Delft, Innsbruck und Karlsruhe jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Physics“ veröffentlicht.
Neun Monate Arbeit und mehrere hunderttausend Euro hat es Ilichev und sein Team gekostet, den Messstab für das entscheidende Experiment zu entwickeln, der in einem Labor des IPHT, umgeben von einem mit flüssigen Helium gefüllten Kühlbehälter, hängt. Den Ausgangspunkt für die Versuche bildet die Laserkühlung von Atomen, für die der französische Physiker Claude Cohen-Tannoudji 1997 den Nobelpreis erhielt. Atome oder Moleküle können durch die kontrollierte Aufnahme von Lichtteilchen (Photonen) aus einem Laserstrahl extrem abgekühlt werden. Dadurch bewegen sie sich sehr viel langsamer als ungekühlte Teilchen und verbleiben länger in einer Messapparatur, wodurch präzisere Messungen ermöglicht werden. Das nutzt man zum Beispiel, um die Genauigkeit von Atomuhren zu steigern.
„Unser Versuchsaufbau ahmt diesen Ansatz nach“, so Il'ichev. Doch statt eines einzelnen Atoms, das sich nach den Gesetzen der Quantenphysik verhält, kühlen die IPHT-Wissenschaftler einen so genannten Schwingkreis. Das ist eine resonanzfähige elektrische Schaltung aus einer Spule und einem Kondensator, die elektrische Schwingungen ausführen kann. In diesem Schwingkreis herrscht ein elektromagnetisches Feld niedriger Frequenz. Gekühlt wird dieser Schwingkreis in Il'ichevs Experiment durch ein Qubit – also ein Zweizustandsquantensystem. Die Energieabstände zwischen den beiden Zuständen des Qubits sind dabei so gewählt, dass sie im Mikrowellenbereich liegen. Deshalb lässt sich das Qubit durch Photonen mit Mikrowellenfrequenz anregen und zieht daraufhin Energie aus dem Schwingkreis heraus – kühlt ihn also ab. „Wir konnten so nachweisen, dass sich supraleitende Qubits wie künstliche Atome verhalten und Quanteneffekte zeigen – und dass, obwohl sie über Milliarden von Elektronen verfügen und nicht nur über 55, wie zum Beispiel das in Atomuhren verwendete Cäsium“, so Il'ichev.
Die Versuche sind als reine Grundlagenforschung zu werten, betont Il'ichev. Sie können allerdings die Basis für die Entwicklung extrem empfindlicher Detektoren sein, etwa zur Schallmessung oder auch für den Nachweis von Photonen mit sehr geringer Frequenz.
Quelle: IPHT
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
M. Grajcar, S. H. W. van der Ploeg, A. Izmalkov, E. Il'ichev, H.-G. Meyer, A. Fedorov, A. Shnirman & Gerd Schön, Sisyphus cooling and amplification by a superconducting qubit, Nature Physics 4, 612 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/nphys1019 - Institut für Photonische Technologien, Jena (IPHT):
http://www.ipht-jena.de - Abteilung Quantendetektion am IPHT:
http://www.ipht-jena.de/.../quantendetektion.html