20.08.2021 • AstronomieAstrophysik

Radioaktive Elemente als Wärmequelle für Planeten-Embryos

Anzahl der kurzlebigen Radionuklide in neu entstehenden Planetensystemen variiert stark.

Ein Forscherteam aus Österreich und den USA hat eine Stern­ent­stehungs-Region im Sternbild Schlangen­träger unter­sucht – und damit Einblick in die Bedingungen gewonnen, unter denen auch unser Sonnen­system entstanden ist. Eine wichtige Rolle spielte demnach die Anreicherung mit kurzlebigen radio­aktiven Elementen: Sie bildeten die wichtigste Wärme­quelle für Planeten-Embryos.

Abb.: Das VISTA-Tele­skop der Euro­pä­ischen Süd­stern­warte in Chile,...
Abb.: Das VISTA-Tele­skop der Euro­pä­ischen Süd­stern­warte in Chile, mit dem die Beob­ach­tungen durch­ge­führt wurden. (Bild: P. Horálek)

Die radioaktiven Elemente könnten von einer nahen Supernova oder den starken Sternwinden eines masse­reichen Wolf-Rayet-Sterns stammen. Das Vorkommen radio­aktiven Materials bei der Entstehung des Sonnen­systems gibt den Forschern bereits seit fünfzig Jahren Rätsel auf: Ist die Voraus­setzung für die Bildung von Planeten­systemen, dass sie sich weder zu nah noch zu weit entfernt von einer Quelle radio­aktiven Materials befinden?

Das Team verwendete Multi-Wellen­längen-Beobachtungen der Stern­entstehungs­region Schlangen­träger, darunter auch neue Infrarot­daten des von der Uni Wien geleiteten Projekts VISIONS, das derzeit an der Europä­ischen Süd­stern­warte ESO durch­ge­führt wird. Die Daten zeigen die Wechsel­wirkungen zwischen den Wolken von stern­bildenden Gasen und Radio­nukliden, die im nächst­ge­legenen, aus jungen Sternen bestehenden Stern­haufen entstanden. Die Ergebnisse der Forscher deuten darauf hin, dass Supernovae der voran­ge­gangen Stern­generation die wahr­schein­lichste Quelle kurz­lebiger Radio­nuklide in den stern­bildenden Wolken sind.

„Unser Sonnensystem entstand höchst­wahr­scheinlich durch das Zusammen­spiel einer riesigen Molekül­wolke sowie eines jungen Stern­haufens. Ein oder mehrere Supernova-Ereignisse einiger masse­reicher Sterne in diesem Stern­haufen kontami­nierten das Gas, das schließlich die Sonne und ihr Planeten­system entstehen ließ“, sagt Douglas Lin von der University of California in Santa Cruz.

Der Schlangenträger-Wolken­komplex enthält viele dichte proto­stellare Kerne in verschiedenen Stadien der Sternen­entstehung und der Entwicklung proto­planetarer Scheiben. Durch die Kombination von Bilddaten in Wellenlängen von Milli­metern bis hin zu Gamma­strahlen konnten die Forscher einen Strom von Aluminium-26 des nahe gelegenen Sternhaufens in Richtung der Stern­entstehungs­region Schlangen­träger visua­li­sieren.

„Der Anreicherungs­prozess stimmt mit dem überein, was bei der Bildung des Sonnen­systems geschah“, sagt John Forbes vom Flatiron Institute in New York. „Als wir dieses passende Beispiel für einen möglichen Ablauf des Prozesses entdeckt hatten, versuchten wir, den nahe gelegenen Sternhaufen zu modellieren, der jene Radionuklide produzierte, die wir heute in Form von Gamma­strahlen sehen. Wir verfügen mittler­weile über ausreichend Informationen, um sagen zu können, dass dieses Ereignis durch mehrere Quellen und nicht ausschließlich durch eine Supernova verursacht wurde.“

Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Anzahl der kurzlebigen Radio­nuklide, die sich in neu entstehenden Planeten­systemen befinden, stark variieren kann. „Viele neue Systeme werden mit einer Fülle von Aluminium-26 gebildet, so wie in unserem Sonnen­system. Die Schwankungen sind dennoch enorm – wir sprechen von mehreren Größen­ordnungen“, erklärt Forbes. „Das ist entscheidend für die frühe Entwicklung von Planeten­systemen, da Aluminium-26 die wichtigste frühe Wärme­quelle ist. Mehr Aluminium-26 bedeutet wahr­scheinlich trockenere Planeten.“

U. Wien / RK

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