30.07.2018

Radioaktives Molekül im All

Erster direkter Nachweis beim veränderlichen Stern CK Vulpeculae geglückt.

Der erste eindeutige Nachweis eines radio­aktiven Moleküls, 26AlF, im Weltraum, ist in der direkten Umgebung des his­torischen Nova-ähnlichen Objekts CK Vul gelungen, bei dem es sich höchst­wahrscheinlich um den Überrest der Kollision zweier Sterne handelt. Der Helligkeits­ausbruch dieser Quelle konnte in den Jahren 1670 bis 1672 in Europa beobachtet werden. Das Interesse an diesem Objekt lebte erst vor wenigen Jahren wieder auf, als man mole­kulares Gas mit einzig­artiger Isotopen­zusammensetzung im Überrest nachweisen konnte. Die Entdeckung gelang einem inter­nationalen Forscherteam unter der Leitung von Tomasz Kamiski unter der Beteiligung von Karl Menten vom Max-Planck-Institut für Radio­astronomie in Bonn.

Abb.: Falschfarbdarstellung der Molekülkomponenten des kühlen Gasnebels um den Stern CK Vul als Überlagerung auf ein Nachtbild der ALMA-Antennen in 5100 Meter Höhe auf der Chajnantorebene in Chile. (Bild: T. Kamiski / ESO,Y. Beletsky / ALMA)

Der veränder­liche Stern CK Vulpeculae (CK Vul) ist als Ort eines stellaren Helligkeits­ausbruchs, einer Nova, bekannt, die von euro­päischen Astronomen im 17. Jahrhundert in Richtung des Sternbilds Vulpecula (lat. das Füchschen) beobachtet werden konnte. Die Nova Vul 1670 war leicht mit bloßem Auge zu erkennen und zeigte deutliche Helligkeits­schwankungen über die beiden folgenden Jahre. Es dauerte dann lange Zeit, bis zum Jahr 2013, bevor ein Team von Astronomen durch Beobach­tungen mit dem Atacama Path­finder Experiment APEX, molekulares Gas mit einzig­artiger Isotopen­zusammen­setzung im Überrest dieses Ausbruchs nachweisen konnte. Die Analyse dieses über­raschenden Befundes deutete darauf hin, dass ein sehr seltenes Ereignis dafür die Ursache war, nämlich der Zusammen­stoß und die an­schließende Verschmelzung zweier Einzelsterne. Die Kollision erzeugte ein Objekt, das man auch als Roter Transient oder Rote Nova bezeichnet, eine erst seit kurzem defi­nierte neue Klasse eruptiver Sterne.

Die Beobachtung des Isotops 26Al ermöglicht Einblicke in den Verschmelzungs­prozess von CK Vul und zeigt, dass selbst tief im Inneren liegende Schichten des Sterns bei solch einer Kollision zutage treten können. Darüber hinaus ermög­lichten es die gefun­denen Resultate, die Natur des zugrunde liegenden Doppelstern­systems genauer einzu­grenzen. Es handelt sich dabei um ein Low-mass Binary System mit einer Komponente von 0,8-2,5 Sonnen­massen, die sich als Roter Riese in einem bereits fortge­schrittenen Stadium ihrer Stern­entwicklung befand. Der erste direkte Nachweis von 26Al in einem stern­artigen Objekt ist auch in einem größeren Zusammenhang für die chemische Entwicklung der Milchstraße von Bedeutung.

Zum ersten Mal konnte eine aktive Quelle für die Erzeugung des radio­aktiven Nuklids 26Al durch Beobachtungen belegt werden. Es ist bereits seit Jahr­zehnten bekannt, dass etwa zwei Sonnen­massen von 26Al über die Milch­straße verteilt sind. Obwohl über ihre Gamma­strahlung nachweisbar, ist die genaue Herkunft dieser radio­aktiven Wolke bisher unbekannt. Mit den aktuellen Ab­schätzungen über die Masse von 26Al in CK Vul und der Anzahl von Stern­kollisionen in der Milchstraße erscheint es sehr unwahr­scheinlich, dass die Kollisionen alleine verant­wortlich sind für die Erzeugung dieses radio­aktiven Materials in der Milchstraße. Allerdings könnte die tatsäch­liche Masse von 26Al in atomarer Form in CK Vul und anderen Überresten solcher Sternver­schmelzungen deutlich höher sein. Vielleicht ist auch die derzeit ange­nommene Verschmelzungs­rate unterschätzt, so dass die Rolle der Sternver­schmelzungen bei der Erzeugung radio­aktiven Materials vielleicht nicht vernach­lässigt werden sollte.

Durch die aktuellen Beobach­tungen ist eine völlig neue Art von Objekten für die Erzeugung von 26Al in der Milchstraße in den Fokus gerückt. Sie zeigen außerdem, dass moderne Radiointer­ferometer wie ALMA bei Millimeter­wellenlängen zur Suche nach dem Ursprung des radio­aktiven 26Al in der Milch­straße eingesetzt werden können und das mit wesent­lich höherer Winkel­auflösung als bei Gamma­strahlungs-Observatorien. Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass die Linien­positionen im Spektrum zunächst von Molekülspektroskopikern berechnet wurden. Die Darstellung von Material mit darin enthaltenem 26Al durch direkte Labor­messungen würde extrem heraus­fordernd und auch teuer, so dass die Berechnungen den einzig gangbaren Weg darstellen. Die beobach­teten Linien­übergänge stimmen perfekt mit den aus den Berech­nungen vorher­gesagten überein.

MPIfR / JOL

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