22.02.2017

Radiostrahlung verrät Sternengeburten

Sternentstehungsrate in Galaxien lässt sich allein aus Radio­beob­ach­tungen bestimmen.

Fast alles Licht im Universum stammt von Sternen, die im Inneren von dichten Gas­wolken des inter­stellaren Mediums von Galaxien ent­standen sind. Die Stern­ent­stehungs­rate hängt vom Gas­vorrat in der Galaxie sowie von physi­ka­lischen Eigen­schaften wie Dichte, Tempe­ratur und Stärke des Magnet­felds ab. Zur Bestimmung der Stern­ent­stehungs­raten war bislang eine Reihe von Beob­ach­tungen in ganz unter­schied­lichen Wellen­längen­bereichen nötig, jeweils mit indivi­duellen Vor- und Nach­teilen. Licht im sicht­baren oder ultra­vio­letten Spektral­bereich kann zu einem erheb­lichen Teil durch inter­stellaren Staub absor­biert werden. Das führte zum Ein­satz von hybriden Bestim­mungs­methoden, die zwei oder mehr unter­schied­liche Wellen­längen­bereiche mitein­ander verknüpfen, darunter den Infra­rot­bereich, mit dessen Hilfe sich der Ein­fluss der Staub­absorp­tion korri­gieren lässt. Dabei können aber wiederum andere Emis­sions­prozesse hinein­spielen, die nicht mit der Ent­stehung von masse­reichen Sternen verknüpft sind und zu einer Konfu­sion der Ergeb­nisse führen können.

Abb.: Die Radiobeobachtungen basieren auf Galaxien aus der KINGFISH-Stich­probe. Diese Zusammen­stellung zeigt Infra­rot­bilder der Galaxien, die aus Beob­ach­tungen mit den Welt­raum­teleskopen Spitzer und Herschel im Rahmen des KINGFISH-Programms erzeugt wurden. (Bild: M. Galametz, MPIfR)

Ein internationales Forscherteam hat jetzt eine detaillierte Analyse der spektralen Energie­ver­teilung einer systema­tischen Stich­probe von Galaxien durch­ge­führt. Es handelt sich dabei um den über­wie­genden Teil der Galaxien der KINGFISH-Studie. Die Astro­nomen konnten zum ersten Mal die abge­strahlte Energie dieser Galaxien im Radio­frequenz­bereich bestimmen, aus der unmit­tel­bar die Stern­ent­stehungs­raten folgen. „Wir haben dafür die gemes­sene Radio­strahlung in einem mitt­leren Frequenz­bereich zwischen einem und zehn Giga­hertz verwendet, da in früheren Unter­suchungen eine ein­deutige Korre­lation zwischen Radio- und Infra­rot­strahlung entdeckt wurde“, sagt Fatemeh Tabata­baei vom Instituto de Astro­física de Canarias auf Tene­riffa). Es wurden detail­lierte Unter­suchungen durch­ge­führt, um die Energie­quellen und die Pro­zesse in diesen Galaxien zu ver­stehen.

„Als Einzelteleskop mit hoher Empfindlichkeit ist unser 100-m-Radio­tele­skop in Effels­berg das ideale Instru­ment, um ver­läss­liche Radio­fluss­werte auch für schwache ausge­dehnte Objekte wie diese Galaxien bestimmen zu können“, erklärt Marita Krause vom MPI für Radio­astro­nomie, die für die Radio­messungen der Galaxien verant­wort­lich war. Die Ergeb­nisse des Projekts zeigen, dass die Radio­strahlung im beob­ach­teten Wellen­längen­bereich aus mehreren Gründen eine ideale Kenn­größe zur Berech­nung von Stern­ent­stehungs­raten der unter­suchten Galaxien dar­stellt. Erstens findet keine Abschwä­chung der Strahlung durch Absorp­tion im dazwischen­liegenden inter­stellaren Staub statt. Zweitens wird Radio­strahlung bei masse­reichen Sternen in mehreren Phasen ihrer Ent­stehung abge­strahlt, von jungen stellaren Objekten über HII-Regionen bis hin zu Super­nova-Über­resten. Und schließ­lich ist es auch nicht not­wendig, die gefun­dene Mess­größe mit Ergeb­nissen aus anderen Wellen­längen­bereichen zu korri­gieren.

Aus all diesen Gründen stellen Messungen im untersuchten Radio­wellen­längen­bereich einen ein­deuti­geren Weg zur Bestim­mung der Stern­ent­stehungs­rate von Galaxien dar als viele der bis­lang benutzten Methoden. „Wir können jetzt daran gehen, mit Hilfe von Mes­sungen am Radio­tele­skop Effels­berg diese Methode auf eine ganze Reihe weiterer Galaxien anzu­wenden“, schließt Rainer Beck vom MPI für Radio­astro­nomie.

MPIfR / RK

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