12.06.2017

Rätsel um die Ausrichtung großer Galaxien

Groß­räumige kosmische Struktur beein­flusste die Galaxien­entwicklung.

Die Rotations­achsen von Galaxien sind im Kosmos rein zufällig orien­tiert – so dachten die Astro­nomen früher. Für die meisten Galaxien ist diese Annahme tat­sächlich korrekt, wie statis­tische Unter­suchungen zeigen. Doch nicht für alle: Ins­besondere bei großen ellip­tischen Galaxien im Zentrum großer Galaxien­haufen zeigt die Orien­tierung eine bemerkens­werte Korre­lation mit der Ausrichtung der Galaxienhaufen selbst – die wiederum durch das kos­mische Netz groß­räumiger filament­artiger Strukturen in der Umgebung beein­flusst ist.

Abb.: MACS 1149.5+2223, einer der untersuchten Galaxienhaufen. Seine Rotverschiebung beträgt 0,544, entsprechend einer Lichtlaufzeit von 5,5 Milliarden Jahren. (Bild: NASA / ESA)

Diese über­raschende Über­einstimmung der Orien­tierung kosmischer Strukturen über Ent­fernungen von vielen Millionen Licht­jahren hinweg konnte bislang aller­dings nahezu aus­schließlich in unserer kosmo­logisch gesehen näheren Umgebung bis zu einer Rot­verschiebung von 0,1 – ent­sprechend einer Licht­laufzeit von etwa eine Milliarde Jahren – nachge­wiesen werden. Damit blieb bislang auch unklar, wann in der kos­mischen Geschichte sich diese Über­einstimmung etabliert hatte und über welchen physi­kalischen Mecha­nismus.

Dieses Manko motivierte Michael West vom Lowell Obser­vatory in Flagstaff und seine Kollegen dazu, eine repräsen­tative Auswahl von 65 großen Galaxien­haufen im Rot­verschiebungs­bereich von 0,19 bis 1,8 – entsprechend Licht­laufzeiten von 2,5 bis 10 Milliarden Jahren – mit dem Hubble Space Tele­scope genau zu unter­suchen. Dabei zeigte sich, dass es auch in diesem Bereich eine deutliche Korre­lation zwischen der Orien­tierung der Galaxien­haufen und ihrer größten Galaxien gibt. Da der Blick in große kosmische Ent­fernungen für Astro­nomen zugleich ein Blick zurück in die kos­mische Geschichte ist, bedeutet dies, dass der Zusammen­hang bereits vor zehn Mil­liarden Jahren – also etwa vier Milliarden Jahre nach dem Urknall – bestand.

„Das deutet darauf hin, dass die größten Galaxien über einen spe­ziellen Prozess entstehen“, so West und seine Kollegen, „der von der Ent­wicklung der groß­räumigen, netz­artigen Verteilung der Materie im Kosmos abhängt.“ Denkbar sei etwa der asymme­trische Einfall von Materie in die ent­stehenden Galaxien­haufen entlang bevor­zugter, durch die groß­räumigen Filamente vorge­gebener Richtungen. Tat­sächlich zeigen Computer­simulationen der kosmischen Struktur­entstehung und -entwicklung solche Phänomene. Aber auch Gezeiten­kräfte durch die Gravi­tation der groß­räumigen Materie­verteilung könnten die Ent­wicklung beein­flusst haben, so die Forscher.

Rainer Kayser

JOL

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