28.09.2016

Rätsel um Lyman-alpha-Blobs gelöst

Riesige Gaswolken im Weltall leuchten dank hoher Sternentstehungsrate in nahen Galaxien.

Astronomen haben das Rätsel um die Lyman-alpha-Blobs gelöst. Bislang war ungeklärt, warum diese riesigen Wolken aus Gas so hell leuchten. Aber mit ALMA (Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array) haben Forscher nun zwei Galaxien im Zentrum eines dieser Objekte entdeckt, in denen die Stern­entstehungs­rate so hoch ist, dass sie die Umgebung zum Leuchten bringt. Die großen Galaxien wiederum befinden sich im Zentrum einer Ansammlung aus kleineren Galaxien: eine frühe Phase in der Entstehung eines massereichen Galaxien­haufens. Es ist anzunehmen, dass sich diese zwei Galaxien in ferner Zukunft zu einer einzigen riesigen elliptischen Galaxie entwickeln.

Abb.: Computersimulation eines Lyman-Alpha-Blobs (Bild: J.Geach / D.Narayanan / R.Crain)

Lyman-Alpha-Blobs (LABs) sind riesige Wolken aus Wasser­stoffgas, die sich über Hundert­tausende von Licht­jahren erstrecken können und in großen kosmischen Distanzen zu finden sind. Der Name spiegelt die charakteristische Wellen­länge des ultravioletten Lichts wider, das sie emittieren – Lyman-Alpha-Strahlung. Seit ihrer Entdeckung stellen die Prozesse, durch die sich LABs bilden, für Astronomen ein Rätsel dar.

Eine der größten bekannten und am genauesten untersuchten Lyman-Alpha-Blobs ist SSA22-Lyman-Alpha-Blob 1, kurz auch LAB-1 genannt. Es war im Jahr 2000 das erste Objekt dieser Art, das entdeckt wurde. Eingebettet in einen riesigen Galaxienhaufen, der sich noch in der frühen Entstehungs­phase befindet, ist es so weit entfernt, dass sein Licht etwa 11,5 Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen.

Lyman-Alpha-Strahlung entsteht, wenn Elektronen in Wasserstoff­atomen vom zweitniedrigsten Energie­niveau zum niedrigsten übergehen. Dabei wird eine bestimmte Energie­menge frei, die in Form von Licht mit einer spezifischen Wellenlänge im ultravioletten Teil des Spektrums ausgesendet wird, das Astronomen mit Weltraum­teleskopen oder im Falle eines rot­verschobenen Objektes auch auf der Erde nachweisen können. LAB-1 hat eine Rot­verschiebung von z~3, sodass das Lyman-Alpha-Licht im sichtbaren Bereich beobachtet werden kann.

Einem Astronomen-Team unter der Leitung von Jim Geach vom Centre for Astrophysics Research of the University of Hertfordshire in Großbritannien ist es nun gelungen, tief in LAB-1 hinein­zuschauen. Möglich war das aufgrund der einmaligen Fähigkeit von ALMA, Licht aus kalten Staubwolken in weit entfernten Galaxien zu beobachten. Dank der Beobachtungen konnten die Forscher mehrere Emissions­quellen im Submillimeter-Bereich genau lokalisieren und auflösen.

Die ALMA-Aufnahmen kombinierten sie dann mit Beobachtungen des Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE), der am Very Large Telescope (VLT) der ESO angebracht ist und mithilfe dessen sie das Lyman-Alpha-Licht kartieren konnten. Diese Beobachtungen zeigen, dass die von ALMA beobachteten Quellen genau im Herzen des Lyman-Alpha-Blobs liegen, wo die Stern­entstehungs­rate dem mehr als 100-fachen der Rate der Milchstraße entspricht.

Durch die „Deep Imaging“-Methode konnten die Forscher mit dem NASA/ESA-Hubble-Weltraumteleskop und mit Spektrografen am W.-M.-Keck-Observatorium zudem zeigen, dass die Quellen von zahlreichen lichtschwachen Begleit­galaxien umgeben sind, die für ein beständiges Bombardement von Materie auf die zentralen Objekte sorgen, was zu hohen Stern­entstehungs­raten führt.

Das Team nutzte daraufhin eine ausgeklügelte Simulation zur Entstehung von Galaxien, um zu demonstrieren, dass die riesige leuchtende und Lyman-Alpha-Strahlung emittierende Wolke dadurch erklärt werden kann, dass ultraviolettes Licht, das durch Stern­entstehung in den beobachteten Objekten entsteht, am umgebenden Wasser­stoff­gas gestreut wird. Dadurch würde ein Lyman-Alpha-Blob entstehen, so wie wir ihn sehen.

Jim Geach, Erstautor der neuen Studie, erklärt: „Der Effekt ist vergleichbar mit Straßenlicht in einer nebligen Nacht — man sieht ein diffuses Leuchten, weil das Licht an den winzigen Wasser­tröpfchen gestreut wird. Etwas Ähnliches passiert hier, nur, dass das Straßenlicht eine Galaxie mit intensiver Stern­entstehung und der Nebel eine riesige Wolke aus inter­galaktischem Gas darstellt. Diese Galaxien bringen ihre Umgebung zum Leuchten.“

Für Astronomen ist es auch heute noch eine große Herausforderung zu verstehen, wie Galaxien sich bilden und entwickeln. Sie gehen davon aus, dass Lyman-Alpha-Blobs dabei eine große Rolle spielen, da es sich bei diesen Objekten um Orte zu handeln scheint, an denen die massereichsten Galaxien im Universum entstehen. Insbesondere ihr groß­flächiges Leuchten liefert Information darüber, was in den primordialen Gas­wolken passiert, die junge Galaxien umgeben, eine Region, die nur schwer erforscht werden kann, deren Verständnis aber entscheidend ist.

Jim Geach folgert: „Aufregend an diesen Blobs ist, dass wir einen flüchtigen Blick darauf werfen können, was um diese jungen und wachsenden Galaxien passiert. Der Ursprung des Lyman-Alpha-Lichts, das sich so weit erstreckt, war lange umstritten. Mit den kombinierten neuen Beobachtungen und innovativen Simulationen gehen wir davon aus, dass wir ein 15 Jahre altes Rätsel gelöst haben: Lyman-Alpha-Blob-1 ist ein Ort, an dem eine masse­reiche elliptische Galaxie entsteht, die eines Tages das Herz eines riesigen Galaxien­haufens bilden wird. Wir sehen eine Moment­aufnahme dessen, wie die Galaxie vor 11,5 Milliarden Jahren ausgesehen hat.“

MPIA / DE

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