02.10.2019 • Atome und Moleküle

Rätsel um Photonen-Impuls gelöst

Photoeffekt mit hochpräzisem Spektrometer untersucht.

Den Nobelpreis erhielt Albert Einstein für die Erklärung des Photoeffekts: In seiner intuitivsten Form wird dabei ein einzelnes Atom mit Licht bestrahlt. Laut Einstein besteht das Licht aus Teilchen, den Photonen, die ihre Energie nur gequantelt auf ein Elektron des Atoms übertragen. Reicht die Energie der Photonen aus, so schlagen sie das Elektron aus dem Atom heraus. Aber wohin geht dabei der Impuls der Photonen? Forscher der Uni Frankfurt konnten diese Frage jetzt mit einem neuen Spektrometer mit bisher unerreichter Auflösung beantworten.

Abb.:  Das von Alexander Hartung gebaute COLTRIMS-Reaktionsmikroskop in der...
Abb.: Das von Alexander Hartung gebaute COLTRIMS-Reaktionsmikroskop in der Experimentierhalle. (Bild: A. Hartung, GUF)

In dem drei Meter langen und 2,50 Meter hohen Gerät stecken ungefähr so viele Teile wie in einem Auto. In der Experimentier­halle ist es von einem blickdichten schwarzen Zelt umgeben, in dessen Innerem sich ein extrem leistungs­fähiger Laser befindet. Seine Photonen treffen in der Apparatur auf einzelne Argon-Atome, denen sie jeweils ein Elektron entreißen. Der Impuls dieser Elektronen zum Zeitpunkt des Aufbrechens wird in einer langen Röhre der Apparatur mit extrem hoher Präzision gemessen.

Bei dem Gerät handelt es sich um eine Weiter­entwicklung des in Frankfurt erfundenen und inzwischen weltweit verbreiteten COLTRIMS-Prinzips: Es besteht darin, einzelne Atome zu ionisieren oder Moleküle aufzu­brechen und anschließend den Impuls der Bruchstücke exakt zu bestimmen. Allerdings ist der laut theoretischen Berechnungen erwartete Übertrag des Photonen-Impulses auf Elektronen so klein, dass er bisher nicht gemessen werden konnte. Deshalb hat Alexander Hartung von der Uni Frankfurt das „super COLTRIMS“ gebaut.

Wenn viele Photonen aus einem gepulsten Laser auf ein Argon-Atom einprasseln, wird dieses ionisiert. Die Energie der Photonen wird dabei teilweise zum Aufbrechen des Atoms verbraucht. Die übrige Energie geht auf das freigesetzte Elektron über. Die Frage, bei welchem Reaktions­partner dabei der Impuls der Photonen bleibt, beschäftigt Physiker seit über dreißig Jahren. „Die einfachste Idee wäre: Solange das Elektron gebunden ist, geht der Impuls auf das schwere Teilchen, also den Atomkern, über. Sobald es frei ist, geht der Photonen-Impuls auf das Elektron über“, erklärt Reinhard Dörner von der Uni Frankfurt.

Die Antwort, die Hartung in seinem Experiment gefunden hat, ist aber – wie man es von der Quanten­mechanik kennt – noch überraschender: Das Elektron bekommt nicht nur den erwarteten Impuls, sondern auch noch ein Drittel des Photonen­impulses, der eigentlich auf den Atomkern hätte übergehen sollen. Um das Ergebnis genauer zu erklären, greift Hartung auf das Bild des Lichts als elektro­magnetische Welle zurück: „Wir wissen, dass die Elektronen eine schmale Energie­barriere durch­tunneln. Dabei zieht sie das starke elektrische Feld des Laserlichts vom Atomkern weg, während das magnetische Feld den Elektronen diesen zusätzlichen Impuls überträgt.“

Für das Experiment verwendete Hartung eine geschickte Mess­anordnung: Um sicher zu gehen, dass der kleine Zusatz­impuls der Elektronen nicht versehentlich durch eine Asymmetrie in der Apparatur erzeugt wird, hat er den Laserpuls von zwei Seiten auf das Gas treffen lassen – mal nur von rechts oder links, und dann gleich­zeitig, was die größte Heraus­forderung an die Messtechnik darstellte. Diese neue Art der Präzisions­messung verspricht, die bisher unerforschte Rolle der magnetischen Komponente des Laserlichts in der Atomphysik tiefgreifend zu verstehen.

GUF / RK

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