05.05.2021

Rätselhafte Röntgenausbrüche

Röntgensurvey mit eRosita zeigt zwei Galaxien mit quasi-periodischen Ausbrüchen.

Mit Hilfe von Daten der SRG/eRosita-Himmels­durchmusterung haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik zwei bisher unauffällige Galaxien identifiziert, die jetzt quasi-periodische Ausbrüche zeigen. Alle paar Stunden leuchten die Kerne dieser Galaxien im Röntgenlicht auf und erreichen dabei eine Leuchtkraft, die mit denen einer ganzen Galaxie vergleichbar ist. Die Ursache dieses pulsierenden Verhaltens ist unklar. Möglicherweise ist es auf ein stellares Objekt zurückzuführen, das um das zentrale schwarze Loch kreist. Da diese Galaxien relativ nah und klein sind, könnte diese Entdeckung helfen, besser zu verstehen, wie schwarze Löcher in masse­armen Galaxien aktiviert werden.

 

Abb.: Optisches Bild der ersten Galaxie, die in den eRosita-All-Sky-Daten...
Abb.: Optisches Bild der ersten Galaxie, die in den eRosita-All-Sky-Daten aufgrund ihrer quasi-periodischen Ausbrüche gefunden wurde, die Nicer-Röntgen­lichtkurve ist grün überlagert. Etwa 18,5 Stunden vergehen zwischen den Maxima der Röntgen­ausbrüche. (Bild: MPE; optisch: DESI Legacy Imaging Surveys / D. Lang, Perimeter Institute)

Quasare oder „aktive galaktische Kerne” (AGN) werden oft als die Leuchttürme des fernen Universums bezeichnet. In ihrem Zentrum verschluckt ein massereiches schwarzes Loch große Mengen an Material und leuchtet dabei bis zu tausendmal heller als eine Galaxie wie unserer Milchstraße. Doch anders als ein Leuchtturm leuchten die AGN kontinuierlich.

„In der eRosita-Himmels­durchmusterung haben wir nun zwei bisher unauffällige Galaxien gefunden, deren Röntgenemission enorm und fast periodisch pulsiert“, sagt Riccardo Arcodia, Doktorand am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE). Diese Art von Objekten ist ziemlich neu: Nur zwei solcher Quellen waren bisher bekannt; beide wurden entweder zufällig oder in Archivdaten der letzten Jahre gefunden. „Diese neue Art von pulsierenden Quellen scheint besonders im Röntgen­bereich auffällig zu sein. Deshalb haben wir uns entschlossen, eRosita quasi „blind“ einzusetzen, anstatt gezielt zu suchen. Bei unserer Analyse der Daten haben wir sofort zwei weitere Quellen gefunden“, fügt er hinzu.

Das eRosita-Teleskop scannt derzeit den gesamten Himmel im Röntgenbereich ab. Der kontinuierliche Datenfluss ist gut geeignet, um veränderliche Ereignisse wie diese Eruptionen zu finden. Beide neue Quellen, die von eRosita entdeckt wurden, zeigten innerhalb weniger Stunden eine Röntgen­variabilität mit hoher Amplitude, was durch Folge­beobachtungen mit den Röntgenteleskopen XMM-Newton und Nicer bestätigt wurde. Im Gegensatz zu den beiden bereits bekannten, ähnlichen Objekten waren diese neuen, von eRosita gefundenen galaktische Kerne bisher nicht aktiv.

„Es waren ganz durchschnittliche Galaxien mit einer recht kleinen Masse und inaktiven schwarzen Löchern“, erklärt Andrea Merloni vom MPE, leitender Wissenschaftler bei eRosita. „Ohne diese plötzlichen, sich wiederholenden Röntgeneruptionen hätten wir sie ignoriert.“ Die Wissenschaftler haben nun die Gelegenheit, die Umgebung der kleinsten super­massereichen schwarzen Löcher zu erforschen. Diese haben 100 000 bis 10 Millionen Mal die Masse unserer Sonne.

Quasi-periodische Emissionen, wie sie jetzt von eRosita entdeckt wurden, werden typischerweise mit Doppelsternsystemen in Verbindung gebracht. Wenn die Ausbrüche auch in diesem Fall durch die Anwesenheit eines umkreisenden Objekts ausgelöst werden, muss dessen Masse viel kleiner sein als die des schwarzen Lochs – in der Größenordnung eines Sterns oder eines Weißen Zwerges, der bei jedem Umlauf durch die enormen Gezeitenkräfte in der Nähe des Schwarzen Lochs teilweise auseinander gerissen werden könnte.

„Wir wissen immer noch nicht, was diese Röntgenausbrüche verursacht“, räumt Arcodia ein. „Aber wir wissen, dass die Nachbarschaft des schwarzen Lochs bis vor kurzem ruhig war. Eine bereits existierende Akkretions­scheibe, wie sie in aktiven Galaxien vorhanden ist, ist also nicht erforderlich, um diese Phänomene auszulösen.“ Zukünftige Röntgen­beobachtungen werden helfen, das Szenario eines um das schwarze Loch kreisenden Objektes einzuschränken oder auszuschließen und mögliche Änderungen der Umlaufzeit zu beobachten. Diese Art von Objekte könnten auch mit Gravitationswellen beobachtbar sein und neue Möglichkeiten der Multi-Messenger-Astrophysik eröffnen.

MPE / DE

 

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