Bei der Massenfertigung von Solarzellen spielt die Reinheit des eingesetzten Materials eine entscheidende Rolle für den elektrischen Wirkungsgrad des Endproduktes. Das erfordert geeignete Maßnahmen zur zuverlässigen Prozesskontrolle. In einem gemeinsamen Projekt setzen das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP, die Fachhochschule Südwestfalen, die Geb. Schmid GmbH und die Spectroscopy & Imaging GmbH dabei auf einen neuen Ansatz: Raman-Spektroskopie soll es ermöglichen, Verunreinigungen auf dem oder im Material zerstörungs- und kontaktfrei zu analysieren. So könnten die Herstellungskosten gesenkt werden, bei gleichzeitigen Vorteilen für die Qualitätskontrolle.
Abb.: Solarzelle unter einem µ-Raman-Spektrometer (Bild: FH Südwestfalen / B. Ahrens)
Mehr als 95 Prozent der weltweit hergestellten Solarzellen bestehen aus Siliziumwafern. Das sind dünne Scheiben, die im Herstellungsprozess zunächst aus großen Siliziumblöcken herausgeschnitten werden. Beispielsweise durch den Sägevorgang können sie dabei beschädigt und zudem mit organischen Resten aus dem Sägemittel verschmutzt werden. Solche Kontaminationen treten zwar nur sehr selten auf, durch die hohen Stückzahlen in der Photovoltaik-Industrie können sie aber dennoch erheblichen Einfluss auf die Gesamtkosten haben. Deshalb sind aufwändige Prozesse nötig, um die Wafer chemisch zu reinigen oder fehlerhafte Wafer auszusortieren, bevor sie weiterverarbeitet werden.
„Es gibt bisher kein inline-fähiges Verfahren, das solche organischen Rückstände auf Wafer-Oberflächen analysieren kann. Wir wollen dafür die Raman-Spektroskopie nutzbar machen, die zugleich auch die Oberflächenbeschaffenheit direkt im Anschluss an den Sägevorgang überprüfen kann”, sagt Stefan Schweizer, der das Projekt an der Fachhochschule Südwestfalen leitet. „Wenn uns das gelingt, haben wir ein leistungsstarkes Instrument zur lückenlosen und durchgehenden Kontrolle der Herstellungsqualität in der Fertigung von Siliziumwafern. Mögliche Verunreinigungen könnten frühzeitig erkannt und unnötige Reinigungsschritte eingespart werden. Das steigert die Materialeffizienz, senkt die Produktionskosten und schont die Umwelt”, umschreibt er die Ziele.
Die Raman-Spektroskopie nutzen Forscher bisher vor allem bei der Analyse von pharmazeutischen Produkten und in der wissenschaftlichen Forschung. Das zu untersuchende Material wird dabei mittels eines Lasers bestrahlt. Trifft das Licht aus der Laserquelle auf die Oberfläche der Probe, wird es gestreut. Aus der Verteilung der Frequenzen im entstehenden Spektrum lassen sich Aussagen über die untersuchte Substanz und die Materialeigenschaften ableiten.
Die Vorteile der Raman-Spektroskopie gegenüber anderen Methoden: Das Material muss nicht eigens vorbereitet werden, die Überprüfung ist also an jedem Schritt der Prozesskette ohne vorherige Probenpräparation möglich. Die Überprüfung erfolgt zerstörungs- und kontaktfrei. Bei einer Kontamination können nicht nur Aussagen darüber erfolgen, ob ein Siliziumwafer verunreinigt ist, sondern auch wie stark und mit welchen Substanzen. Denn verschiedene Verunreinigungen sorgen im zurückgestreuten Licht für charakteristische Frequenzen, sie sind somit wie an einem Fingerabdruck zu identifizieren.
„Wir wollen zunächst Detektionsgrenzen ermitteln, um zu zeigen, dass die Methode die nötige hohe Nachweisempfindlichkeit hat. Gleichzeitig werden wir in Zusammenarbeit mit den beteiligten Industriepartnern mit der Entwicklung eines Messkopfes beginnen, der in industriellen Anlagen eingesetzt werden kann", umschreibt Hartmut Schwabe vom Fraunhofer CSP in Halle den Ablauf des bis Ende Juni 2019 laufenden Projekts.
Das Fraunhofer CSP bringt seine eigene Siliziumwafer-Produktionslinie und einen großen Pool an materialanalytischen Messverfahren in das Projekt ein, in dem zudem das wissenschaftliche Know-how der Fachhochschule Südwestfalen, die Expertise der Spectroscopy & Imaging GmbH als Hersteller von Raman-Spektrometern und die Erfahrung der Geb. Schmid GmbH im Bereich der Systemintegration im Rahmen von Inline-Messverfahren und -Geräten gebündelt werden. Mit einem Demonstrator-System wollen die Foscher zum Projektabschluss die Funktionalität im Einsatz unter realen Bedingungen zeigen.
Fh.-IMWS / DE