17.09.2014

Rasante Lithiumionen bestätigen Einstein

Bislang genaueste direkte Messung der relativistischen Zeitdehnung.

Mithilfe des optischen Dopplereffekts gelang einem Forscherteam die bislang genaueste direkte Messung der relativistischen Zeitdehnung und damit eine weitere Bestätigung der Speziellen Relativitätstheorie. Als Uhren verwendeten die Wissenschaftler auf fast 34 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Lithiumionen.

Abb.: Schematische Darstellung des Experiments. Gezeigt sind die beteiligten Energieniveaus in 7Li+-Ionen und die Übergänge, die von den blau- bzw. rotverschobenen Laserstrahlen angeregt werden. Der Detektor registriert das Fluoreszenzlicht senkrecht zur Flugrichtung der Lithiumionen. (Bild: MPI-HD)

Eine bedeutende Konsequenz der Speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein ist die Zeitdilatation: Bewegte Uhren gehen relativ zu einer ruhenden Uhr langsamer. Diese Zeitdehnung wird mit Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit immer größer. Makroskopische Uhren lassen sich aber bisher nur auf kleine Bruchteile der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, sodass damit eine präzise Messung der Zeitdilatation noch nicht möglich ist. Abhilfe schaffen spezielle Atomuhren: schnelle Ionenstrahlen, die sich mittels Laserspektroskopie „ablesen“ lassen. Die Zeitdehnung beeinflusst nämlich auch den Dopplereffekt. Eine präzise Messung dieser Frequenzänderung erlaubt deshalb eine präzise Bestimmung der Zeitdehnung und stellt damit auch gleichzeitig einen empfindlichen Test der Speziellen Relativitätstheorie dar.

„Unsere Uhren waren Lithiumionen (7Li+), in denen wir zwei über einen gemeinsamen Zustand gekoppelte Übergänge mit Lasern anregten und die Fluoreszenz beobachteten“, sagt Dirk Schwalm, emeritierter Direktor am MPI für Kernphysik in Heidelberg und einer der verantwortlichen Experimentatoren. Die beiden Laserstrahlen liefen mit oder entgegen dem Lithiumionenstrahl, der im Speicherring ESR des GSI Helmholtzzentrums in Darmstadt mit 33,8 Prozent der Lichtgeschwindigkeit kreiste. „Wir mussten nur zwei Frequenzen präzise bestimmen, nämlich die für simultane Resonanz erforderlichen dopplerverschobenen Frequenzen der beiden Laserstrahlen, da die beiden Übergangsfrequenzen in ruhenden Lithiumionen bereits aus früheren Messungen hinreichend genau bekannt waren. Wenn Einstein Recht hat, muss das Produkt der beiden Laserfrequenzen geteilt durch das Produkt der zwei Ruhefrequenzen gleich eins sein“, erläutert Schwalm die Eleganz der Methode.

Zur Bestimmung der dopplerverschobenen Frequenzen kam Doppelresonanz-Spektroskopie zum Einsatz. Dazu stellten die Physiker die Frequenz eines der Laser auf die dopplerverschobene Frequenz einer der beiden Hyperfeinstruktur-Übergänge in dem 7Li+-Ion ein. Den anderen Laser stimmten sie über die dopplerverschobene Frequenz des anderen Hyperfeinstruktur-Übergangs durch. Bei Resonanz werden Lithiumionen mit genau definierter Geschwindigkeit über beide spektroskopischen Äste hin- und hergeschaukelt. Das führt zur Emission von Fluoreszenzlicht, das sich senkrecht zur Flugrichtung der Ionen beobachten lässt, während Ionen mit leicht abweichender Geschwindigkeit „dunkel gepumpt“ werden und so die Messung nicht beeinträchtigen.

Das Ergebnis bestätigt die Vorhersage der SRT auf zwei Milliardstel genau, rund viermal genauer als im Vorgängerexperiment, das am Heidelberger Testspeicherring bei 6,4 Prozent der Lichtgeschwindigkeit und mit einer abweichenden spektroskopischen Methode durchgeführt worden war. Der große Vorteil der verwendeten Methode ist der direkte und absolute Zugang zur Zeitdehnung ohne zusätzliche Annahmen. Von Bedeutung sind diese immer genaueren Tests der Relativitätstheorie und der ihr zugrunde liegenden Lorentzinvarianz insbesondere in Hinblick auf eines der größten Ziele der gegenwärtigen theoretischen Physik, der Vereinigung von Quantentheorie und Allgemeiner Relativitätstheorie.

MPI-HD / RK

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