Rauschen synchronisiert Netzwerke
Neuer dynamischer Effekt könnte eine wichtige Rolle in Netzwerken von Nervenzellen spielen.
Wechselwirkende, schwingende Systeme können ihre Frequenz und ihren Schwingungszustand aneinander angleichen. Schwingen viele Komponenten eines komplexen Systems im Gleichklang, spricht man von Synchronisation – ein Phänomen, das biologisch in der inneren Uhr oder den Zellen im schlagenden Herzen die Funktionalität überhaupt erst ermöglicht. Auch in Lasern oder Stromnetzwerken ist Synchronisation technisch gewollt, in anderen Bereichen jedoch nicht erwünscht und destruktiv, wie etwa bei verschiedenen Erkrankungen des Nervensystems oder bei strukturellem Versagen von Bauwerken durch sich selbst verstärkende Schwingungen.
Forscher der Universität Potsdam entdeckten nun einen Effekt in Netzwerken schwingender Systeme, die über Influencer verbunden sind. Influencer sind Knoten in Netzwerken mit großem dynamischen Einfluss und vielen Verbindungen, die unter bestimmten Bedingungen ein Netzwerk besser synchronisieren können. Dafür müssen sie einer Zufallskraft, dem Rauschen, mit optimaler Stärke ausgesetzt sein. „In der Neurowissenschaft ist der förderliche Einfluss von Rauschen auf kognitive Prozesse seit langem unter dem Begriff Kohärenz-Resonanz bekannt.
„Der Mechanismus, den wir in unserer Arbeit beschreiben, ist jedoch neu und könnte eine wichtige Rolle in Netzwerken von Nervenzellen oder in Konsensmodellen zur Meinungsausbreitung spielen“, sagt Physiker Ralf Tönjes. „Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, unser Verständnis von Synchronisation im Gehirn zu erweitern und neue Therapien für neuronale Erkrankungen wie beispielsweise Parkinson oder Epilepsie zu entwickeln oder Meinungsbildung in großen Gruppen über Influencer entweder gezielt zu beschleunigen oder Radikalisierung gegebenenfalls zu verhindern.“
U. Potsdam / JOL