Schwarze Löcher bergen auch nach der direkten Messung der Gravitationswellen noch viele Geheimnisse. Was passiert, wenn zwei schwarze Löcher miteinander verschmelzen oder Sterne mit einem Schwarzen Loch zusammenstoßen? Das haben Forscher der Goethe-Universität und des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) nun mit einer neuartigen numerischen Methode simuliert. Der Simulationscode, „ExaHyPE", ist so ausgelegt, dass er Gravitationswellen auf der zukünftigen Generation von „Exascale"-Supercomputern sehr genau und schnell berechnen kann.
Abb.: Kollision zweier Neutronensterne (Bild: U. Warwick / M. Garlick)
Die Herausforderung bei der Simulation schwarzer Löcher besteht darin, dass man ein komplexes Gleichungssystem, die Einstein-Gleichungen, lösen muss. Das ist nur numerisch möglich und geschieht mithilfe von leistungsfähigen Parallelrechnern. Wie gut und wie schnell man sich der Lösung nähert, hängt von dem verwendeten Algorithmus ab. Hier hat das Team von Luciano Rezolla am Instituts für theoretische Physik der Goethe-Universität und am FIAS nun einen Meilenstein erreicht. Langfristig könnten durch diese theoretische Arbeit auch die experimentellen Möglichkeiten erweitert werden, Gravitationswellen von anderen astronomischen Objekten als schwarzen Löchern nachzuweisen.
Die neuartige numerische Methode, die auf den Ideen des russischen Physikers Galerkin beruht, erlaubt die Berechnung von Gravitationswellen auf Supercomputern mit sehr hoher Genauigkeit und Geschwindigkeit. „Das zu erreichen war nicht einfach und ist seit Jahren das Ziel vieler Gruppen weltweit. Obwohl das Erreichte nur ein kleiner Schritt zur Modellierung realistischer schwarzer Löcher ist, erwarten wir, dass unser Ansatz zum Paradigma aller zukünftigen Berechnungen wird", sagt Luciano Rezzolla.
„Exascale"-Supercomputer existieren zwar bisher noch nicht, aber weltweit erforschen bereits viele Wissenschaftler den Einsatz der Exascale-Maschinen. Diese Supercomputer stellen eine Weiterentwicklung der heutigen „Petascale"-Supercomputer dar und sollen in der Lage sein, so viele Rechenoperationen pro Sekunde durchzuführen, wie es Insekten auf der Erde gibt. Dies ist eine Zahl mit 18 Nullen. Es wird angenommen, dass solche Supercomputer mit der Kapazität des menschlichen Gehirns vergleichbar sind.
Während sie darauf warten, dass die ersten „Exascale"-Rechner gebaut werden, testen die ExaHyPE-Wissenschaftler ihre Software bereits in den größten Supercomputing-Zentren Deutschlands. Die größten sind das Leibniz-Rechenzentrum LRZ in München und das Hochleistungsrechenzentrum HLRS in Stuttgart. Diese Computer sind bereits aus mehr als 100.000 Prozessoren aufgebaut und werden in Kürze deutlich größer werden.
Die neuen mathematischen Algorithmen erlauben nicht nur, astrophysikalische Kompaktobjekte wie schwarze Löcher und Neutronensterne zu untersuchen, sondern auch Tsunamis und Erdbeben. Das liegt an Gemeinsamkeiten in den zugrundeliegenden Gleichungen. Weitere Anwendungen für den Exahype-Algorithmus zu untersuchen, die Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase innerhalb der Theorien des Elektromagnetismus und der Gravitation mathematisch beschreiben, ist das Ziel eines von der Europäischen Kommission im Rahmen des EU-Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 geförderten Forschungsprojekts. Die Frankfurter Wissenschaftler arbeiten darin eng mit Kollegen aus München, Trient und Durham zusammen.
„Der spannendste Aspekt des ExaHyPE-Projekts ist die einzigartige Kombination von theoretischer Physik, angewandter Mathematik und Informatik. Nur durch die Kombination all dieser verschiedenen Disziplinen können wir das Potenzial von Supercomputern nutzen, um die Komplexität des Universums zu verstehen", so Michael Dumbser, Leiter des Teams für angewandte Mathematik in Trient.
U. Frankfurt / DE