20.08.2020

Recycling im Erdmantel

Ozeanische Kruste und kontinentales Material tauchen in Subduktionszonen tief ab – und wieder auf.

In den 1980er Jahren waren Lava-Lampen im Zimmer vieler Jugendlicher zu finden. Die Hitze einer im Fuß der Lampe versteckten Glühbirne ließ rötliches Wachs in länglichen Blasen in einer bunten öligen Flüssigkeit nach oben steigen. Auch für den Erdmantel wird die Existenz von aufsteigenden Blasen aus erhitztem Gestein vermutet. Sie werden Mantel Plumes genannt. Erreicht dieses heiße Gestein die Obergrenze des Erdmantels, kann es (durch den dort geringeren Druck) aufschmelzen und auf der darüber liegenden dünnen Erdkrusten­platte Vulkanismus verursachen. Die Blasen steigen immer mehr oder weniger an der gleichen Stelle auf, den Hotspots. Da sich die darüber liegende Erdplatte aber durch Platten­verschiebungen weiterbewegt, entsteht an der Oberfläche eine Kette von systematisch jünger werdenden Vulkanen, im Meer eine vulkanische Inselkette. Die chemische Untersuchung des Hotspot-Vulkanismus stellt eine einzig­artige Möglichkeit dar, um Informationen zur Zusammen­setzung des unteren Erdmantels zu erhalten. 
 

Abb.: Warten auf die Proben aus der Tiefe auf dem Forschungs­schiff Sonne...
Abb.: Warten auf die Proben aus der Tiefe auf dem Forschungs­schiff Sonne (Bild: S. Homrighausen / Geomar)

Ein klassisches Beispiel für Hotspot-Vulkanismus ist die Tristan-Gough-Vulkankette, die sich von der namibischen Küste Südwest­afrikas über mehr als 3000 Kilometer bis zu den aktiven Vulkaninseln Tristan da Cunha und Gough mitten im Südatlantik erstreckt. Während mehrerer Expeditionen, unter anderem mit den deutschen Forschungs­schiffen Sonne und Maria S. Merian, wurden dort diese und die etwas weiter südlich liegende Shona-Vulkankette von der Arbeits­gruppe magmatische und hydro­thermale Systeme am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel unter Leitung von Kaj Hoernle beprobt. Dabei fanden die Forscher heraus, dass der geochemische Fingerabdruck entlang dieser beiden markanten Hotspot­spuren identisch ist und auf recyceltes Material in der Hotspot­quelle hinweist. 

„Unseren Untersuchungen zufolge stammt das dort gefundene Material aus einem älteren Subduktionsprozess“, erläutert Stephan Homrighausen vom Geomar, Erstautor der aktuellen Studie. Es entsteht, wenn zwei tektonische Platten aufeinandertreffen und die eine Platte die andere „überfährt“. An diesen Subduktions­zonen, wie beispielsweise den Anden, werden über Millionen von Jahren kontinuierlich ozeanische Kruste und kontinentales Material in den Erdmantel recycelt. Seismische Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Großteil der subduzierten Platten in den unteren Erdmantel abtaucht, sich dort ansammelt und dann durch Mantel Plumes wieder an die Oberfläche gebracht wird, was an den Tristan-Gough- und Shona-Hotspots nach­gewiesen werden konnte. 

„Zu unserem Erstaunen konnten wir auf den Tristan-Gough- und Shona-Hotspotspuren eine jeweils zirka dreißig Millionen Jahre jüngere vulkanische Aktivität nachweisen, die eine völlig unterschiedliche Zusammen­setzung aufweist, was vollkommen ungewöhnlich für Hotspotvulkanismus ist“, so Stephan Homrighausen. „Diese jüngeren Vulkane sind Bestandteile einer weiteren, überlagernden Hotspotspur, die sich bis weit auf den afrikanischen Kontinent verfolgen lässt. Solch überlagernde Hotspot­spuren mit unterschiedlicher geochemischer Signatur konnten bisher nur im Pazifik beobachtet werden“, ergänzt Kaj Hoernle. 

Eine mögliche Erklärung befindet sich mehr als 2500 Kilometer tief im unteren Erdmantel. Dort liegt direkt unter den ozeanischen Hotspots eine riesige Menge Mantelmaterial, die eine andere Zusammen­setzung aufweist als der umgebende Erdmantel, und möglicherweise aus einer Mischung von Mantel­material aus der Ursprungs­zeit der Erde und recyceltem Krusten­material besteht. Der Ursprung dieser Ansammlung ist bisher unbekannt. Klar ist allerdings: Diese „Provinz“, wie die Geologen sie bezeichnen, stellt eine stetige Quelle für Mantel Plumes dar. 

Außerdem habe sie eine dynamische, komplexe Struktur, erklärt Homrighausen. „Wenn große Mengen am Rand der Provinz aufsteigen, könnte das zu Instabilitäten im Zentrum führen und Material von anderer chemischer Zusammen­setzung zum Aufsteigen veranlassen. Das könnte die überlagernden Hotspot­spuren erklären.“ Und Jörg Geldmacher ergänzt: „Dieses Verhalten erinnert mich tatsächlich sehr an die Lava-Lampe, die ich noch als junger Student im WG-Zimmer stehen hatte.“ 

Geomar / DE
 

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