Regen aus den Saturnringen
Keck-II-Teleskop entdeckt Spuren des Niederschlags in der Ionosphäre Saturns.
Aus den Saturnringen regnet Wasser in die Atmosphäre des Planeten hinab. Das ergeben Beobachtungen eines britisch-amerikanischen Forscherteams mit dem Near InfraRed Spectrograph NIRSPEC am zehn Meter großen Keck II-Teleskop auf Hawaii. Die Emission positiv geladener Wasserstoff-Moleküle (H3+) zeigt danach abhängig von der geographischen Breite eine Reihe von Minima und Maxima, die mit Bereichen des Ringsystems und den dazwischen liegenden Lücken korrespondieren.
Abb.: Elektrisch geladene Partikel aus Wassereis wandern die Feldlinien des Saturn-Magnetfelds entlang und gelangen so aus dem Ringsystem in die Ionosphäre des Planeten (künstlerische Darstellung). (Bild: NASA/JPL/Space Science Institute)
Dieses Muster impliziere den Transport geladener Partikel aus Wasser aus der Ringebene in die Ionosphäre, schreiben James O'Donoghue von University of Leicester in Großbritannien und seine Kollegen. Der globale Zustrom „flute“ zwischen 30 und 43 Prozent der Oberfläche von Saturns oberer Atmosphäre. „Der Ring-Regen moduliert die ionosphärische Emission und führt zur Herabsetzung der Elektronendichte.“
Die Beobachtungen tragen dazu bei, ein jahrzehntelanges Rätsel zu lösen. Trifft energiereiche Strahlung der Sonne auf die ursprünglich elektrisch neutrale Atmosphäre eines Planeten, so führt sie in den oberen Schichten zur Ionisation von Gas-Atomen und -Molekülen. Die so entstehende Ionosphäre enthält also eine große Mengen Ionen und freie Elektronen. Die Strahlung der Saturn-Ionosphäre entspricht jedoch insbesondere in niedrigen Breiten nicht den theoretischen Modellen. Eine mögliche Erklärung für die Diskrepanz wäre ein Zustrom ionisierten Wassers aus dem Ringsystem – doch bislang fehlten für einen solchen Prozess die Beweise.
Die liefern O’Donoghue und seine Kollegen nun. Die Forscher konnten zwar nicht direkt das zuströmende Wasser messen. Doch sie haben die Strahlung von H3+-Ionen untersucht, die sich gut dazu eignen, die Spur des Wassers zu verfolgen. Von außen zugeführtes Wasser unterstützt nämlich die rasche Rekombination der Ionen in der Ionosphäre. Eine geringere Dichte vonH3+ bedeutet also einen stärken Zustrom von Wasser – und umgekehrt. Auffällig ist insbesondere, dass die Maxima der H3+-Emission mit genau den Breiten auf Saturn zusammen fallen, die über das Magnetfeld mit Lücken im Ringsystem verbunden sind: Von dort kann kein Wasser kommen und entsprechend ist die Ionendichte bei diesen Breiten nicht reduziert.
Die Saturnringe bestehen aus nahezu reinem Wassereis, wobei die Partikelgröße von unter einem Mikrometer bis zu mehreren Metern reicht. Insbesondere die sehr kleinen Eispartikel können sich durch die Sonnenstrahlung und auch durch Zusammenstöße elektrisch aufladen. Dann sind sie nicht länger nur der Schwerkraft ausgesetzt, sondern auch der Lorentzkraft durch das Magnetfeld des Saturn. Das führt dazu, dass die Teilchen auf Spiralbahnen entlang der magnetischen Feldlinien zum Planeten wandern, in die Atmosphäre eindringen und dort die Ionisation beeinflussen.
Die Beobachtungen von O’Donoghue und seinem Team werfen auch ein neues Licht auf die Entwicklung der Saturnringe. Denn bislang wissen die Astronomen nicht, ob das Ringsystem ein viereinhalb Milliarden Jahre altes Überbleibsel aus der Entstehungszeit des Planeten ist oder ein rund hundert Millionen Jahre junges und vergängliches Phänomen. Der in die Ionosphäre fallende Regen trägt zu einer raschen Erosion der Ringe bei und ist daher ein Indiz dafür, dass die Saturnringe relativ jung sind.
Rainer Kayser
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