Reger Sternenverkehr rund ums Sonnensystem
Immer wieder fliegen Sterne nahe genug vorbei, um Objekte aus der Oortschen Wolke ablenken zu können.
Wenn Sterne in der Nähe der Sonne vorbeifliegen, können sie Kometen aus der Oortschen Wolke in die inneren Regionen des Sonnensystems lenken. Sternbegegnungen sind so ein wichtiger Faktor, um die Häufigkeit von Kometeneinschlägen auf der Erde abschätzen zu können. Coryn Bailer-
Abb.: Bild des Kometen C/2012 S1 (ISON), aufgenommen mit dem TRAPPIST-
Aus Daten des ESA-Astrometriesatelliten Gaia präzise physikalische Kenngrößen von Himmelsobjekten zu bestimmen, ist das Tagesgeschäft von Coryn Bailer-
Kometen, die mit der Erde zusammenstoßen, gehören zu den gefährlicheren kosmischen Katastrophen für unsere kosmische Heimat. Der bekannteste kosmische Zusammenstoß trug vor 66 Millionen Jahren zum Aussterben der Dinosaurier bei (wenn auch nicht sicher ist, ob es sich in diesem spezifischen Fall um einen Kometen oder einen Asteroiden handelte).
Immerhin sind Zusammenstöße mit regionalen oder gar globalen Folgen heutigem Wissen nach sehr selten – auf jede Jahrmillion kommt im Schnitt nicht mehr als ein solcher Einschlag. Zumindest die größeren Kometen und Asteroiden werden von den bestehenden Warnsystemen recht vollständig erfasst, und keiner davon befindet sich auf Kollisionskurs mit der Erde.
Trotzdem sind die Folgen möglicher Kometeneinschläge so ernst, dass die Erforschung der Hintergründe solcher Einschläge durchaus von praktischem Interesse sind. Eine besondere Rolle kommt dabei Sternbegegnungen zu, also Sternen, die durch die kosmische Nachbarschaft unserer Sonne fliegen. Unserem heutigen Bild des Sonnensystems nach befinden sich in den Außenbereichen, der Oortschen Wolke, zahlreiche kalte, eisige Objekte – potenzielle Kometen. Der Schwerkraft-
Jetzt hat Bailer-Jones die erste systematische Abschätzung für die Häufigkeit solcher Sternbegegnungen veröffentlicht. Das neue Ergebnis nutzt Daten der ersten Datenveröffentlichung (DR1) der Gaia-
Bailer-Jones fand, dass binnen einer Million Jahre typischerweise zwischen 490 und 600 Sterne mit Abständen von 16,3 Lichtjahren (entsprechend fünf Parsec) oder weniger an der Sonne vorbeifliegen werden. Zwischen 19 und 24 Sterne kommen der Sonne sogar auf 3,26 Lichtjahre (ein Parsec) oder weniger nahe. All diese hunderte von Sternen würden nahe genug an der Oortschen Wolke vorbeifliegen, um Kometen ins innere Sonnensystem ablenken zu können. Die neuen Ergebnisse sind von derselben Größenordnung wie frühere, weniger systematische Abschätzungen. Sie zeigen, dass rund um das Sonnensystem recht starker stellarer Verkehr herrscht.
Die neuen Ergebnisse gelten für die letzten und für die kommenden fünf Millionen Jahre. Mit Gaias nächster Datenveröffentlichung DR2, die für April 2018 erwartet wird, sollten sie sich auf die letzten und die nächsten 25 Millionen Jahre erweitern lassen. Astronomen, die darüber hinausgehen und herausfinden wollen, welcher Stern möglicherweise dafür verantwortlich ist, einen Kometen auf die Dinosaurier zu lenken, müssen dazu allerdings noch viel mehr über unsere Heimatgalaxie und deren Massenverteilung wissen – ein langfristiges Ziel der Forscher, die sich mit Gaia und verwandten Projekten befassen.
MPIA / DE