23.11.2017

Reibungswärme treibt hydrothermale Aktivität auf Enceladus an

Wasser könnte sich in einem porösen Kern des Saturn­mondes erhitzen.

Wärme aus der Reibung von Gestein, ausgelöst durch starke Gezeiten­kräfte, könnte der Motor für die hydro­thermale Akti­vität auf dem Saturn­mond Ence­ladus sein. Voraus­setzung dafür ist, dass der Mond einen porösen Kern hat, sodass Wasser des darüber liegenden globalen Ozeans in den Kern ein­dringen und dort durch die Reibungs­wärme erhitzt werden kann. Das zeigt eine Computer­simu­lation, die im Rahmen der euro­päisch-amerika­nischen Cassini-Huygens-Mission ent­standen ist. Sie bietet auch eine Antwort auf die lange unge­löste Frage, woher die Energie stammt, die die Existenz von flüs­sigem Wasser auf dem kleinen, kryo­vulka­nisch aktivem Mond fern der Sonne ermög­licht.

Abb.: Oberfläche, Ozean und Kern des Saturn­mondes Ence­ladus. Eine Computer­simu­lation zeigt, wie der Eis­mond Wasser in einem porösen Gesteins­kern auf­heizt. (Bild: NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute / G. Choblet et al. / ESA)

Bereits 2015 konnten die Wissenschaftler zeigen, dass es hydro­thermale Akti­vität auf dem Saturn­mond geben muss. Aus Eis­vulkanen schleudert Ence­ladus feinste Gesteins­körner in riesigen Fontänen aus Gas und Wasser­eis in den Welt­raum. Diese Partikel konnten mit einem Detektor der Raum­sonde Cassini erfasst werden. Sie stammen vom Grund eines über fünfzig Kilo­meter tiefen Ozeans, der sich unter einer 3 bis 35 Kilo­meter dicken Eis­kruste von Ence­ladus erstreckt. Mit Computer­simula­tionen und Labor­experi­menten fanden die Wissen­schaftler Hinweise darauf, dass es in der Tiefe zu einer Wechsel­wirkung zwischen Gestein und Wasser kommt – bei Tempe­ra­turen von mindes­tens neunzig Grad Celsius. Doch woher kommt die Energie für diese Hydro­thermal­systeme, die den Trans­port von Materie antreiben? Und wie genau gelangen die Gesteins­partikel an die Ober­fläche des Eis­mondes?

Die aktuellen Untersuchungen unter Federführung der Uni Nantes in Frank­reich bieten dafür eine Erklä­rung: Ver­mut­lich ist der Gesteins­kern von Ence­ladus porös. Daher kann das Wasser des darüber liegenden Ozeans tief in den Kern ein­dringen. Gleich­zeitig wirken starke Gezeiten­kräfte, die der Saturn auf seinen Mond ausübt, auf das lose Gestein des Kerns ein. Die neue Computer­simula­tion zeigt, dass dadurch Reibungs­wärme sehr effi­zient auf das durch den Kern spülende Wasser übert­ragen und dieses auf über neunzig Grad Celsius erwärmt wird. Einige Bestand­teile des Gesteins­kerns werden dabei im so erhitzten Wasser gelöst. Die hydro­thermalen Fluide strömen an bestimmten Punkten – den Hotspots – wieder in den Ozean. Durch die Abküh­lung fallen Teile des gelösten Materials als feine Partikel aus und werden mit dem warmen Wasser an die Ozean­ober­fläche trans­por­tiert. Die Hotspots liegen bevor­zugt an den Polen von Ence­ladus.

Die aufsteigenden hydrothermalen Fluide lösen vermutlich lokale Schmelz­vor­gänge in der Eis­schicht der Pol­region aus. Das erklärt, warum die Eis­schicht an den Polen mit drei bis zehn Kilo­metern deut­lich dünner ist als am Äquator, wo sie 35 Kilo­meter dick ist. „Am Süd­pol kann das Wasser durch Spalten sogar bis nahe an die Mond­ober­fläche auf­steigen. Dort werden die mikro­sko­pisch kleinen Gesteins­körner aus dem Kern zusammen mit Eis­partikeln ins All geschleu­dert, wo sie dann von den Instru­menten der Raum­sonde Cassini erfasst werden konnten“, so der an der Arbeit beteiligte Plane­to­loge Frank Post­berg von der Uni Heidel­berg. Die Unter­suchung zeigt auch, dass nur mit dieser Wärme­quelle im Kern der darüber liegende flüs­sige Ozean auf­recht gehalten werden kann. Sonst würde er in weniger als dreißig Milli­onen Jahren komplett aus­frieren.

RKU / RK

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