Reibungswärme treibt hydrothermale Aktivität auf Enceladus an
Wasser könnte sich in einem porösen Kern des Saturnmondes erhitzen.
Wärme aus der Reibung von Gestein, ausgelöst durch starke Gezeitenkräfte, könnte der Motor für die hydrothermale Aktivität auf dem Saturnmond Enceladus sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Mond einen porösen Kern hat, sodass Wasser des darüber liegenden globalen Ozeans in den Kern eindringen und dort durch die Reibungswärme erhitzt werden kann. Das zeigt eine Computersimulation, die im Rahmen der europäisch-
Abb.: Oberfläche, Ozean und Kern des Saturnmondes Enceladus. Eine Computersimulation zeigt, wie der Eismond Wasser in einem porösen Gesteinskern aufheizt. (Bild: NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute / G. Choblet et al. / ESA)
Bereits 2015 konnten die Wissenschaftler zeigen, dass es hydrothermale Aktivität auf dem Saturnmond geben muss. Aus Eisvulkanen schleudert Enceladus feinste Gesteinskörner in riesigen Fontänen aus Gas und Wassereis in den Weltraum. Diese Partikel konnten mit einem Detektor der Raumsonde Cassini erfasst werden. Sie stammen vom Grund eines über fünfzig Kilometer tiefen Ozeans, der sich unter einer 3 bis 35 Kilometer dicken Eiskruste von Enceladus erstreckt. Mit Computersimulationen und Laborexperimenten fanden die Wissenschaftler Hinweise darauf, dass es in der Tiefe zu einer Wechselwirkung zwischen Gestein und Wasser kommt – bei Temperaturen von mindestens neunzig Grad Celsius. Doch woher kommt die Energie für diese Hydrothermalsysteme, die den Transport von Materie antreiben? Und wie genau gelangen die Gesteinspartikel an die Oberfläche des Eismondes?
Die aktuellen Untersuchungen unter Federführung der Uni Nantes in Frankreich bieten dafür eine Erklärung: Vermutlich ist der Gesteinskern von Enceladus porös. Daher kann das Wasser des darüber liegenden Ozeans tief in den Kern eindringen. Gleichzeitig wirken starke Gezeitenkräfte, die der Saturn auf seinen Mond ausübt, auf das lose Gestein des Kerns ein. Die neue Computersimulation zeigt, dass dadurch Reibungswärme sehr effizient auf das durch den Kern spülende Wasser übertragen und dieses auf über neunzig Grad Celsius erwärmt wird. Einige Bestandteile des Gesteinskerns werden dabei im so erhitzten Wasser gelöst. Die hydrothermalen Fluide strömen an bestimmten Punkten – den Hotspots – wieder in den Ozean. Durch die Abkühlung fallen Teile des gelösten Materials als feine Partikel aus und werden mit dem warmen Wasser an die Ozeanoberfläche transportiert. Die Hotspots liegen bevorzugt an den Polen von Enceladus.
Die aufsteigenden hydrothermalen Fluide lösen vermutlich lokale Schmelzvorgänge in der Eisschicht der Polregion aus. Das erklärt, warum die Eisschicht an den Polen mit drei bis zehn Kilometern deutlich dünner ist als am Äquator, wo sie 35 Kilometer dick ist. „Am Südpol kann das Wasser durch Spalten sogar bis nahe an die Mondoberfläche aufsteigen. Dort werden die mikroskopisch kleinen Gesteinskörner aus dem Kern zusammen mit Eispartikeln ins All geschleudert, wo sie dann von den Instrumenten der Raumsonde Cassini erfasst werden konnten“, so der an der Arbeit beteiligte Planetologe Frank Postberg von der Uni Heidelberg. Die Untersuchung zeigt auch, dass nur mit dieser Wärmequelle im Kern der darüber liegende flüssige Ozean aufrecht gehalten werden kann. Sonst würde er in weniger als dreißig Millionen Jahren komplett ausfrieren.
RKU / RK