10.03.2014

Relativistische Magnetaufzeichnung

Forscher der Uni Mainz nutzen relativistischen Spin-Hall-Effekt.

Die Forschergruppe von Jairo Sinova an der Universität Mainz hat in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Prag, Cambridge und Nottingham ein neuartiges physikalisches Phänomen vorhergesagt und entdeckt, das es ermöglicht, den Zustand eines Magneten durch elektrische Impulse zu beeinflussen.


Abb.: Versuchsaufbau eines elektrisch beeinflussten (Ga,Mn)As-Magneten (Bild: J. Sinova, JGU)

Die aktuellen Technologien zur Aufzeichnung, Speicherung und Wiedergabe von Informationen sind entweder ladungs- oder spinbasiert. Das bekannteste ladungsbasierte Gerät ist der in der Mikroelektronik allgegenwärtige Flash- oder Direktzugriffsspeicher. Die digitalen Werte „0“ und „1“ werden dort durch elektronische Ladungszustände von Halbleitern dargestellt und elektrisch manipuliert. Der Nachteil hierbei liegt darin, dass bereits schwache Störeinflüsse wie Verunreinigungen, Temperaturschwankungen oder Strahlung zu unkontrollierten Ladungsumverteilungen und in der Folge zu Datenverlust führen können. Spinbasierte Verfahren arbeiten nach einem völlig anderen Prinzip: In geeigneten Materialien wie etwa Eisen werden magnetische Spinzustände zur Speicherung der 0- und 1-Werte genutzt. Diese Technologie steckt hinter Speicheranwendungen, die von Kilobyte-Magnetstreifenkarten bis zu Terabyte-Computerfestplatten reichen. Da in diesen Medien die Speicherung spinbasiert erfolgt, sind sie weit weniger anfällig für Ladungsstörungen. Der Nachteil der derzeit existierenden Magnetspeicher besteht allerdings darin, dass das magnetische Bit an einen Elektro- oder Permanentmagneten gekoppelt werden muss, um Nord- und Südpol des Magneten miteinander zu vertauschen, um also von „0“ auf „1“ zu wechseln und umgekehrt. Gelänge es, die Pole auf rein elektrischem Wege ohne den Einsatz eines anderen Magneten zu vertauschen, wäre der Weg frei für eine völlig neuartige Generation von Speichermedien, welche die Vorzüge ladungsbasierter und spinbasierter Medien ineinander vereint.

Um einen Magneten auf rein elektrischem Wege zu erschüttern, muss man den Bereich der klassischen Physik verlassen und sich in die relativistische Quantenmechanik hineinbegeben. Derzufolge richten Elektronen unter dem Einfluss elektrischer Ströme ihre Spins so aus, dass sie magnetisch werden. Die Mainzer Forscher ließen in einem (Ga,Mn)As-Permanentmagneten einen elektrischen Strom fließen und erzeugten so eine neue interne Magnetwolke, mit der sie das umgebende Permanentmagnetmaterial beeinflussten.

Das beobachtete Phänomen ist eng mit dem relativistischen intrinsischen Spin-Hall-Effekt verwandt, den Jörg Wunderlich, Jairo Sinova und Tomas Jungwirth im Jahr 2004 entdeckten, nachdem er von Sinova und Forscherkollegen 2003 vorhergesagt worden war. Seitdem lässt sich anhand dieses Phänomens lehrbuchmäßig erläutern, wie jedes Material durch elektrische Ströme magnetisiert werden kann. „Vor zehn Jahren haben wir vorhergesagt und entdeckt, wie elektrische Ströme durch die intrinsischen Strukturen von Materialien reine Spinströme erzeugen können. Nun haben wir nachgewiesen, dass dieser Effekt umgekehrt werden kann, um Magnete mithilfe einer strominduzierten Polarisation zu beeinflussen“, erklärt Sinova. „Diese neuartigen Phänomene bilden heute einen wichtigen Forschungsschwerpunkt, da sich daraus eine neue Generation von Speichermedien ergeben könnte.“

JGU / MD

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