07.03.2008

Ringe um Rhea

Die Raumsonde Cassini entdeckt am Saturnmond Rhea das erste nicht-planetare Ringsystem.



Die Raumsonde Cassini entdeckt am Saturnmond Rhea das erste nicht-planetare Ringsystem.

Ein internationales Forscherteam hat Material entdeckt, das sich in einer Umlaufbahn um den zweitgrößten Saturnmond Rhea anlagert und dort ein Ringsystem bildet. Die Hinweise auf eine Scheibe aus Staub und Steinbrocken leitet die Gruppe – darunter auch Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau und für Kernphysik in Heidelberg – aus den Daten von sechs Instrumenten an Bord der Raumsonde Cassini ab. Das Ringsystem um Rhea ist das erste, das jemals um einen Mond gefunden wurde.

Seit dem Jahr 2004 kreist Cassini in einer Umlaufbahn um den Saturn und untersucht unter anderem seine Eismonde sowie deren Wechselwirkung mit der Umgebung. Mittlerweile ist das Raumfahrzeug an vielen sehr unterschiedlichen Monden vorbeigeflogen. Dazu zählt auch Rhea, der mit einem Durchmesser von 1528 Kilometern nach Titan zweitgrößte Satellit des Ringplaneten. Etwa alle viereinhalb Tage umläuft Rhea ihren Mutterplaneten in einer mittleren Entfernung von 526.000 Kilometern.

Abb. 1: Künstlerische Darstellung einer Ansammlung von Gesteinsbrocken und Staub um den Saturnmond Rhea. Der Saturn ist rechts oben im Hintergrund zu sehen. (Bild: NASA/JPL/JHUAPL)

An Bord von Cassini befinden sich auch der Elektronendetektor MIMI/LEMMS aus dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und das Staubexperiment CDA aus dem Max-Planck-Institut für Kernphysik. MIMI/LEMMS erfasst die Absorption von Elektronen entlang der Bahn eines Mondes. Das Messprinzip ist einfach: Die Forscher nehmen an, dass Elektronen auf Magnetfeldlinien im Saturnsystem zwischen Nord- und Südpol des Planeten ständig hin und her laufen. Befindet sich dichtes Material, etwa ein Mond, ein Staubring oder ähnliches auf dem „Laufweg“, so wirkt dieses Material wie ein Staubsauger für Elektronen. Als Folge davon registriert das Instrument weniger dieser Teilchen. In den Datensätzen lassen sich Herkunft und Dichte des Materials genauer analysieren.

Abb. 2: Elektronenmessungen durch das Instrument MIMI/LEMMS an Bord der Raumsonde Cassini (weiße Linie) während des Vorbeiflugs an Rhea am 26. November 2005. Die Bahn von Cassini ist in rot gezeichnet, der blaue Pfeil zeigt die Richtung der geladenen Teilchen im Saturnsystem an. Die graue Kugel deutet die „hill sphere“ an – den Bereich um den Mond herum, in dem die Anziehungskraft dominiert. (Bild: MPS/MSSL-UCL)

Als Cassini die Umgebung des Mondes Rhea unter die Lupe nahm, zeigten sich in den Zählraten von energiereichen Elektronen ganz besondere „Fingerabdrücke“: Beim An- und Abflug der Sonde fiel die Zählrate ab, wobei in den beiden Flanken der Kurve merkwürdige Ausschläge („spikes“) auftraten. Nah an Rhea registrierte MIMI/LEMMS praktisch überhaupt keine Elektronen mehr.

„Die Auswertung ergab, dass irgendetwas die Elektronen entlang ihrer Bahnen daran hinderte, den Detektor zu erreichen“, sagt Geraint Jones vom Mullard Space Science Laboratory in Großbritannien, der seine Arbeiten an Rhea am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung begann. „Es scheint alles darauf hinzudeuten, dass der Mond von einem Ringsystem umgeben ist.“

Ergänzt wurden die Messungen von MIMI/LEMMS durch den Staubdetektor CDA. Der nämlich registrierte eine deutliche Erhöhung der Staubrate in der Nähe von Rhea. „In der unmittelbaren Umgebung des Mondes hatten wir durchaus Staub erwartet“, sagt Sascha Kempf vom Max-Planck-Institut für Kernphysik. „Aber eine Ansammlung in einer Scheibe oder gar in Form von Ringen hat uns doch überrascht.“ Die gefundene Staubscheibe besitzt einen Durchmesser von mehreren Tausend Kilometern.

Die Cassini-Wissenschaftler haben nach der Entdeckung der Ringe numerische Simulationen durchgeführt um herauszufinden, ob es wirklich stabile Bahnen von Staubteilchen um Rhea gibt. Die Modelle zeigen, dass solche Bahnen – und damit Ringe – durchaus möglich sind und sogar über sehr lange Zeiträume hinweg existieren können.

Ein optischer Nachweis des vermeintlichen Ringsystems ist bisher noch nicht gelungen. Das mag unter anderem an der Verteilung der zentimetergroßen Staubteilchen liegen. Ideal wäre ein Blick direkt auf die Ringkante – aber bisher war Cassinis Kamera noch nicht in dieser günstigen Position.

Quelle: MPG / [HOR/NK]

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