10.05.2016

Ringsystem für künstliche Photosynthese

Passgenaues Ruthenium-Ringsystem ergibt höhere Effizienz und längere Haltbarkeit.

Die Natur macht es vor: Im Rahmen der Photo­synthese erzeugen Pflanzen mit Hilfe von Licht aus Kohlen­stoff­dioxid und Wasser energie­reiche organische Verbindungen, meist in Form von Kohle­hydraten, und Sauerstoff. Wenn es gelingt, diesen Prozess in einem großen Maßstab künstlich nachzuahmen, wären etliche Probleme der Menschheit vermutlich gelöst. Die künstliche Photo­synthese könnte die Erde mit Brenn­stoffen hoher Energie­dichte wie Wasser­stoff, Methan oder Methanol versorgen und – nebenbei – den Kohlen­dioxid-Gehalt in der Atmo­sphäre verringern und somit den Klima­wandel bremsen. Die Entwicklung der dafür notwendigen effizienten Katalysatoren und der dazugehörigen Farb­stoffe bildet einen Schwer­punkt der Forschung am Lehr­stuhl von Frank Würthner am Institut für Organische Chemie der Universität Würzburg. Dort konnten zwei von Würthners Doktoranden, Marcus Schulze und Valentin Kunz, jetzt einen Teil­erfolg auf dem Weg dorthin vermelden.

Abb.: Drei Rutheniumatome, die über speziell geformte organische Verbindungen miteinander verbunden sind, sorgen für hohe Effizienz beim Photosystem. (Bild: V. Kunz, M. Schulze)

„In der Natur ist das sogenannte Photosystem II zentraler Bestandteil des Photo­synthese-Prozesses“, erklärt Marcus Schulze. Dabei handelt es sich um einen Protein­komplex mit einem katalytisch aktiven Zentrum bestehend aus mehreren Metall­atomen. Sie müssen zusammenarbeiten, um Wasser in seine beiden elementaren Bestandteile zu spalten, was in zwei räumlich getrennt ablaufenden elektro­chemischen Halb­reaktionen stattfindet. Diese beiden Reaktionen im Labor nachzubilden, ist heute schon möglich. Allerdings: „Die Wasserstoff­gewinnung gelingt bereits gut. Nur die Wasser­oxidation zu Sauerstoff muss noch beschleunigt werden, damit die Balance der einzelnen Halb­reaktionen zueinander passt“, sagt Schulze.

Für die künstliche Photosynthese setzt die Wissen­schaft noch häufig auf das seltene Edel­metall Ruthenium als Katalysator. Das künstliche System arbeitet im Prinzip ähnlich gut wie sein natürliches Vorbild. Der Katalysator neigt allerdings dazu, sich relativ schnell selbst zu zersetzen. An diesem Punkt haben die beiden Würzburger Chemiker angesetzt: „Wir haben die Ruthenium-Atome in spezielle supra­molekulare Strukturen eingebaut, welche die Zerstörung bremsen und eine Art ‚Selbstheilungs­prozess‘ ermöglichen“, erklärt Valentin Kunz.

Wie einen Ring kann man sich diese Struktur vorstellen, in dem drei Ruthenium­atome über drei sogenannte Liganden – speziell geformte organische Verbindungen – miteinander verbunden sind. Maß­geschneiderte Bindungs­stellen garantieren, dass Metallzentren und Liganden zueinander passen wie ein Schlüssel zum Schloss. Was sich vergleichsweise einfach anhört, war in Wirklichkeit eine mehr als zwei Jahre andauernde Tüftel­arbeit im Labor. „Man dreht nach und nach an verschiedenen Schrauben und schaut, was passiert“, beschreibt Kunz diese Vorgehensweise.

Das Ergebnis ist ein „zyklisches System, das sich von selbst aus definierten Einzel­bausteinen zusammensetzt“, wie die beiden Chemiker erklären. Sein einfacher Aufbau, seine einfache Herstellung und die Tatsache, dass sich die Bausteine ohne großen technischen Aufwand von alleine zur gewünschten Struktur aneinander reihen, mache „aus synthetischer Sicht“ dessen Charme aus. Diese Eigenschaft mache es für potenzielle Anwendungen besser geeignet als bisher verwendete Systeme.

Dass der von ihnen entwickelte Wasser­oxidations­katalysator zusätzlich eine höhere Effizienz aufweist, freut die Chemiker – auch wenn sie dafür noch keine eindeutige Erklärung haben. Die können möglicherweise die Experten für theoretische Chemie in absehbarer Zeit liefern, mit denen Frank Würthners Lehrstuhl eng zusammenarbeitet. Roland Mitri, Inhaber des Lehrstuhls für Theoretische Chemie an der Universität Würzburg, und dessen Mit­arbeiterin Merle Röhr suchen mit ihren Formeln und Algorithmen jedenfalls schon nach einer Antwort auf diese Frage.

Auch wenn das System der beiden Nachwuchs­wissenschaftler besser als seine Vorgänger ist: „Von der Marktreife sind wir noch weit entfernt“, erklärt Marcus Schulze. Und: „Was wir machen, ist Grund­lagen­forschung“, ergänzt Valentin Kunz. Dabei stehen die nächsten Schritte schon fest: Zum einen wollen die Chemiker weitere Veränderungen an der Struktur ihres Katalysators und deren Auswirkungen auf die Funktion untersuchen. Zum anderen wollen sie es mit Farbstoffen verbinden, damit die Reaktion photo­katalytisch – also mit Hilfe von Licht – abläuft.

U. Würzburg / DE

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