07.07.2004

Risikofaktoren der Juniorprofessur

Zu wenig Forschungsgelder und zu frühe Leistungsbeurteilung sind nur einige Schwachstellen der Juniorprofessur.


: Zu wenig Forschungsgelder, zu frühe Leistungsbeurteilung


Am ersten und zweiten Juli lud der Förderverein "Juniorprofessur e.V." zu einem ersten Symposium mit angrenzenden Workshops zur Mitteleinwerbung und Didaktik in der Hochschule in das Clausthaler-Umwelttechnik-Institut ein, dem etwa 90 Juniorprofessoren aus dem ganzen Bundesgebiet gefolgt waren. In Erfahrungsberichten aus Deutschland und der Schweiz sowie politischen Einschätzungen und Stellungnahmen wurde der aktuelle Stand erörtert. Dabei traten eine Reihe von Schwachstellen zu Tage, die den Erfolg des Reformprojektes in Frage stellen: Zu wenig Geld für die Forschung, eine zu frühe Leistungsbeurteilung und fehlende Absicherung im Anschluss an die Juniorprofessur.

Die Politik könne nur Entwürfe anbieten, die konkrete Ausgestaltung erfordere das Mitwirken aller Beteiligten und daher sei ein solches Forum wie dieses Symposium der ideale Ort, um im konstruktiven Sinne hierfür Lobbyarbeit zu betreiben, sagte der Präsident der TU Clausthal, Prof. Dr. Edmund Brandt eingangs in seinem Grußwort. Das Schwungrad müsse in Gang gehalten werden. Kritisch merkte Professor Brandt zum Verfahren der Evaluation an: Wenn heute immer mehr in Forschungsverbünden gearbeitet wird, dieses Netzwerkeknüpfen aber Zeit braucht, wie soll diese Tatsache dann mit dem recht frühzeitigen Zeitpunkt der Evaluation nach zweieinhalb Jahren in Einklang gebracht werden ?

Die Gründung des Vereins und die Durchführung des Symposium wird daher vom Bundesministerium für Bildung und Forschung uneingeschränkt begrüßt, wobei der Vertreter des Ministeriums Ministerialdirigent Christoph Ehrenberg den Erfolg der Juniorprofessur darstellte. Mit 14 Prozent der berufenen Juniorprofessoren aus dem Ausland sind viele Wissenschaftler Rückkehrer und auch der Frauenanteil von 29 Prozent in 2003 ist positiv, sagte Ministerialdirigent Ehrenberg.

Die Sicht der niedersächsischen Landesregierung referierte der Staatssekretär des Wissenschaftsministeriums, Dr. Josef Lange. Unter allen Bundesländern stellt Niedersachsen rund 120 Juniorprofessuren - bei derzeit rund 600 bundesweit. Niedersachsen werde auch zukünftig das Reformvorhaben unterstützen. Falls das Bundesverfassungsgericht das Verbot der Habilitation wieder rückgängig mache, werde man eine Parität zwischen dem Weg der Habilitation und der Juniorprofessur als Voraussetzung für eine Lebenszeitprofessur schaffen und die Habilitation in Niedersachsen wieder zulassen, sagte der Staatssekretär. Dr. Lange kündigte an, dass das Land Niedersachsen sich dafür einsetzen werden, dass die 12-Jahres Regel, laut der Wissenschaftler nicht länger als diesen Zeitraum in befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden dürfen, zurück genommen werde. Es müsse möglich sein, dass ein Juniorprofessor, der nicht auf eine Lebenszeitprofessur berufen werde, auch über diese Frist hinaus in Drittmittelprojekten an einer Universität tätig sei, sagte Dr. Lange.

Für das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) sprach Prof. Dr. Tassilo Schmid. Das CHE habe die Juniorprofessur seit Anbeginn an gefördert und werde dies auch in Zukunft tun. Daher werde das CHE gemeinsam mit dem Deutschen Hochschulverband und dem Verein "Juniorprofessur" eine Kommunikationsplattform als Internetportal mit aufbauen.

Dr. Hartmer vom Deutschen Hochschulverbund beurteilte das Reformvorhaben wie folgt: "Gezahlt werde an der Kasse", will sagen, über den Erfolg oder Misserfolg des Vorhabens könne erst in vier bis sechs Jahren gesprochen werden, wenn sich zeige, wie viele der Juniorprofessoren einen Ruf auf eine Lebenszeitprofessur erhielten. Der größte Geburtsfehler der Juniorprofessor sei die Verquickung der Einführung der Juniorprofessur mit einer zwangsweisen Abschaffung der Habilitation; dies, und die Tatsache, dass die Stellen für die Juniorprofessoren aus dem (finanziellen) "Fleisch" der wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen geschnitten worden seien, könnte die Erfolgschancen der Juniorprofessur beeinträchtigen, sagte Dr. Hartmer. Eine finanzielle Angleichung des Juniorprofessurprogramms an das Emmy-Noether Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft sei sinnvoll. Die geringe finanzielle Grundausstattung der Juniorprofessuren erschwere die Einwerbung von Drittmitteln.

In dieser unsicheren Lage strebt rund ein Drittel der Juniorprofessoren parallel die Habilitation an, wie die Junge Akademie in einer Umfrage, die Dr. Jörg Rössel vorstellte, herausfand. Und dabei tun sie dies aus einer ungünstigen Ausgangslage heraus: Während Professoren auf Lebenszeitstellen im Durchschnitt 37 Prozent ihrer Zeit für die Forschung aufwendeten, könnten die Juniorprofessoren im Schnitt hierfür nur 25 Prozent ihrer Zeit verwenden.

Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker, Institut für Chemische Verfahrenstechnik der TU Clausthal, bekräftigte, dass die erste Evaluation nach zweieinhalb Jahren zu früh komme. Zu diesem Zeitpunkt könnten die ersten Forschungsvorhaben gerade erst anlaufen. Wenn man bedenkt, dass mindestens ein halbes Jahr Vorarbeiten notwendig sind, um einen Forschungsantrag zu stellen und dieser ein bis eineinhalb Jahre begutachtet wird, ist es kaum möglich nach zweieinhalb Jahren - zu Begin der Evaluation - Ergebnisse in renommierten Fachzeitschriften publiziert zu haben, ergänzte Frau Dr. Irmgard Niemeyer, Institut für Markscheidewesen und Geodäsie der TU Freiberg.

Gerade die Evaluation stellte sich dabei als ein zentrales Thema der Tagung heraus. Insbesondere der Beitrag von Dr. Thomas Eichenberger, der die Assistenzprofessur und das zugehörige Mentoringprogramm mit klar abgegrenzten Zielvorgaben an der ETH Zürich vorstellte, sowie das Referat von Prof. Dr. Henning Zülch, der das "Clausthaler Modell" präsentierte, zeigten gute Lösungen auf. Das "Clausthaler Modell" beachtetet die Perspektiven der eingeleiteten Forschungsvorhaben der Jungwissenschaftler und berücksichtigt hierbei die negativen Rahmenbedingungen.

In der Abschlussdiskussion gab Organisator und Vereinsvorsitzender Prof. Dr.-Ing. Lars Frormann, Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik der TU Clausthal noch einen kurzen Ausblick auf die weiteren Aktivitäten des Vereins, wobei hier zunächst der Aufbau eines Mentoringprogramms, der Aufbau eines Kommunikationsportals, die Lobbyarbeit bei öffentlichen Fördermittelgebern sowie verschiedene Seminare im Vordergrund stehen.

Quelle: idw

Weitere Infos:

http://www.juniorprofessur.com

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